Wald- und Wiesenreicher Weg nach dem Autobahnhatsch
(image by Julie Baudouin)
Wenn es einen Tag gibt, bei dem man in den Pyrenaeen angekommen ist, dann wohl der Heutige. Der Wanderweg verlief auf ueber 2800 HM und insgesamt waren weit ueber 1400 HM zu ersteigen, was mich ziemlich fertig machte.
Noch bevor der Wecker um 6:30 klingelte, stand ich auf. Schliesslich galt es besonders heute, die morgendliche Kuehle noch auszunutzen. Als ich die Thermoskanne vom Fruehstueck was mir gestern noch gegeben wurde anfasste und die Waerme spuerte bin ich schon davon ausgegangen, dass der Inhalt kalt sein wuerde. Nach einem Schluck kalten Kaffee lies ich diesen dann auch stehen und ass nur die beiden Croissants. Der Rucksack war dann wieder mal schnell gepackt und auch bei der Wanderhose habe ich das Gefuehl, dass diese nun wieder einigermassen passt und ich nicht wie eine Presswurst darin aussehe. Die ersten paar Tage hat diese ja richtig gespannt... Sonnencreme sparte ich mir auch noch, da die Sonne ja erst in 2 bis 3 Stunden auftauchen wuerde. Meine Blasen scheinen auch soweit ausgetrocknet zu sein, sodass ich ohne jegliche Pflaster in die zerstueckelte Strumpfhose und 2 Paar Chinasocken fuer umgerechnet 1,33 EUR geschluepft bin. Die anderen zerloecherten Wandersocken waren naemlich immer noch feucht. So schlecht sind diese Chinateile aber gar nicht. Die stinken zwar nach dem Wandern wie die Hoelle, taugen soweit aber ganz gut. In den Sandalen startete ich dann erst mal den Hatsch auf der Strasse.
Knapp ueber der Huette
(image by Julie Baudouin)
So machte ich mich schon um 7:10 auf den Weg in die heutige Etappe, dem 1600 HM Aufstieg auf den ich mich schon gar nicht freute. Dafuer gab es aber zwischen drin eine Huette, bei der ich einkehren konnte. Darauf freute ich mich schon sehr, da es die erste Huette sein wird auf der ganzen Tour. Ich ueberlegte mir gestern schon noch, ob ich nicht evtl. gleich zu dieser Huette weiterlaufen soll, aber habe meinen Beinen dann doch eine Auszeit gegeben. Irgendwie ist mir nach einer halben Stunde aber dann doch wieder mein linker Fuss eingeschlafen. Ja so ein Mist, jetzt faengt das sogar schon mit den Sandalen an und nach einiger Ueberlegung, was ich machen sollte, fing ich an, nach jedem Mal wenn mir der Fuss eingeschlafen war, was ca. alle 500 Meter passierte, diesen heftig zu schuetteln. OK, so komme ich auch vorwaerts. Sieht zwar bloed aus, aber egal. Markierungen gab es auf der Strasse so gut wie keine und der wahre Wanderweg fuehrte bei einer scharfen Rechtskehre der Strasse dann nach links weg, sodass ich wieder auf meine Wanderschuhe anzog. Nun zog sich dieser einen Fluss entlang Stueck fuer Stueck nach oben. Immer weiter mit relativ leichter Steigung, welche teilweise durch starke Steigungen unterbrochen war. Meine rechte Wade hat auch einen seltsamen punktuellen Schmerz, aber eine Pause bekommt diese trotzdem nicht. Hoffentlich ist das keine Faserzerrung o.ae.. Aber ich habe ja noch genug andere Fasern im Muskel ;-). Die Stromleitungen zeigten mir den Weg, mal links, mal rechts entlang von diesen. Wegmarkierungen waren eben auch hier sehr spaerlich gesetzt, aber soweit kein Problem, da die 1:25k Karte noch genug Infos bereit hielt um auf Nummer sicher zu sein, auf dem richtigen Weg bzw. im richtigen Tal zu sein.
Blick zurueck
(image by Julie Baudouin)
Dann tangierte ich die Strasse und haette lt. Karte schon laengst nach links weg sein muessen. Hm... seltsam... erst mal lief ich ein bisschen weiter neben der Strasse entlang, was dann aber einfach nicht stimmen konnte. So kehrte ich wieder um und suchte nach irgendeinem Trampelpfad um dann irgendeinem zu folgen. Den Fluss musste ich lt. Karte dann auch ueberqueren, und irgendeine Stelle war auch schnell gefunden bei der dies moeglich gewesen waere. Dann suchte ich mir irgendeinen Weg durch's Gestruepp nach oben und ueberlegte nach 5 Minuten, ob das noch richtig sein kann. Weiter oben konnte ich dann ein oranges langezogenes, zusammengeknuepftes oranges Netz sehen, welches an Metallpfosten in der Luft hing. Da das hier ein Skigebiet ist, sollte es hier auch Pisten geben und das dort oben koennte eine Piste sein. So ueberwand ich auch noch die letzten 30 HM und es stellte sich tatsaechlich als Skipiste heraus, die ich nach oben weiterlief. Runterfahren mit Skiern macht wirklich mehr Spass als die Piste mit schwerem Rucksack nach oben hochzulaufen. Die Sonne kam jetzt auch heraus und die Piste selbst bot mir nur sehr selten an dessen Rand einen Baum der einen rettenden Schatten werfen konnte. Unzaehlige Trinkpausen waren noetig bis ich dann rechts von mir endlich einen Wanderweg entdecken konnte und zu diesem querte. Hm... mist. Das war doch keiner, also doch noch mehr querfeldein bis ich dann doch wieder auf den richtigen Wanderweg traf. Dieser war auch deutlich schoener zu gehen, da in diesen Stufen reingebaut waren.
Am ersten Col
(image by Julie Baudouin)
Schneller als ehrlich gesagt erhofft kam ich dann beim Refugi d'Ulldeter an, womit die ersten 900 Hoehenmeter hinter mir lagen. Hier traf ich auch gleich die 2 Franzosen wieder (Julie und Benjamin glaube ich), die sich zufaelligerweise zwischendrin getroffen haben und seitdem zusammen laufen. Vllt. wird aus denen noch ein richtiges Paerchen! Waehrend die beiden Kaffee tranken, schuettete ich mir eine Cola und eine Limo rein um vllt. mit dem Zucker noch ein bisschen mehr Energie fuer den weiteren Aufstieg zu bekommen. Es fehlten ja immerhin noch ca. 650 HM. Des weiteren gab es auch noch ein belegtes Brot zum Mitnehmen, auf dem sich dann ein plattgedruecktes Ruehrei mit irgendeiner Sosse dazu befand. Bevor es weiterging, holte ich mir noch 2 Dosen Bier. Heute erreiche ich naemlich den hoechsten Punkt auf dem gesamten GR11. Schon seltsam, das das schon so frueh der Fall ist aber das muss definitiv gefeiert werden.
Der naechste Ueberstieg war noch weit entfernt
(image by Julie Baudouin)
So zog ich weiter los, um auch noch die letzten 650 HM zu schaffen und ich selbst war schon relativ gut geschafft. Auf ueber 2000 HM beginnt auch hier die Baumgrenze und es gibt einfach keinen Baum mehr, der einen vor der Sonne schuetzt. Der Himmel war aber immerhin wieder etwas bewoelkter was mich nun ganz und gar nicht stoerte. Die Sonnencreme hatte ich in der Huette auch noch aufgetragen, da ich an den Unterarmen immer noch den Sonnenbrand von gestern hatte. Zuerst stand das Coll de la Marrana an, das 300 HM Aufstieg forderte. Bei diesem Aufstieg konnte ich auch wieder die ersten Schneefelder sehen. Ja, ich bin wirklich in den Pyrenaeen angekommen. Die Landschaft wurde immer karger und steiniger, bis es dann steil zum Coll nach oben ging und sich dann ein Blick in eine leere Landschaft mit Bergen ergab. Weit entfernt konnte ich schon erahnen, wo ich heute noch hochsteigen muesste, denn noch war das nicht der hoechste Punkt.
Nothuette die wohl wirklich nur als Regenunterstand nutzbar ist
(image by Julie Baudouin)
Nach 5 Minuten Pause ging's dann erst mal wieder ein bisschen bergab. So ein Mist. Erst rauf, dann runter, dann wieder rauf. Aber's hilft ja nix. Vorbei an wunderhuebschen Bergblumen wie z. B. Schusternaegeln und Enzian (glaube ich zumindest) hatschte ich weiter und weiter hoch. Die beiden Franzosen ueberholte erst ich, dann beim Aufstieg sie wieder mich. Die eine scheint richtig fit zu sein, da sie auch beim Aufstieg problemlos reden kann. Nach der Abzweigung zum Alternativweg der mich nicht ueber den hoechsten Punkt des GR11 fuehren wuerde, stieg der Weg wieder staerker an und bald konnte ich auch die Nothuette sehen, welche fuer mich bedeutete, dass es nur noch 100 HM bis zum Uebergang sind. Die Nothuette selbst war mehr verfallen als eine Nothuette. Ich konnte von der Ferne nicht einmal eine Eingangstuere erkennen... Nach weiteren 100 HM war ich dann endlich ganz oben, legte neben den 2 Franzosen meine Sachen hin und und fing an, das Brot von der Huette als auch die 2 Bier zu vernichten. Von dem Brot liess ich aber die Haelfte in meinen Rucksack zurueckwandern. Das war mir deutlich zu vegetarisch! Nach Speis und Trank hielt ich dann ein Nickerchen dort oben was unglaublich gut tat. Ich nehme mir jetzt bewusst mehr Zeit beim Wandern und stuerme es nicht mehr so durch wie bei der Via Alpina. Naja, mal schaun, was morgen passiert :-).
Der weitere Weg oben am Grat entlang
(image by Julie Baudouin)
Alle Ruhe muss auch mal ein Ende haben und das Ende von dem Nickerchen kam eine Stunde spaeter. Gut gestaerkt machte ich mich an den Weiterweg, verabschiedete mich noch von den 2 Franzosen und meinte, dass man sich vllt. am Campingplatz wiedersehen koennte. Der Weg fuehrte nun noch etwas Auf und Ab, vllt. 30 HM plus/minus, was mich nicht groesser stoerte. Als ich dann aber ueber den naechsten Buckel drueberkam, musste ich feststellen, dass es sicher 70 HM runter geht, die ich anschliessend wieder nach oben steigen musste. Ja so ein Mist. Alles jammern half nix und so machte ich mich weiter an den Abstieg, gefolgt von dem Aufstieg. Das war aber auch schnell geschafft und so war ich auch noch am Gipfelkreuz um die 2800 HM auch sicherzustellen. Genauer gesagt 2808 HM.
In der Ferne ist schon Nuria sichtbar
(image by Julie Baudouin)
Lange hielt ich mich dort oben dann aber doch nicht auf und machte mich sogleich an die ca. 1000 HM Abstieg. Von der Ferne konnte ich schon etwas wunderbares sehen: Geroellfelder!!! Yeeeha!!! Hoffentlich passt dort die Koernung! Ein paar Meter folgte ich dann dem Wanderweg um festzustellen, dass es von weitem so aussah, wie wenn die Koernung zu gross wird. Deshalb stieg ich quer ueber das Geroellfeld rueber zu einem Bereich in dem die Koernung brauchbar war, um ein bisschen auf dem Geroell abfahren zu koennen. Wie sehr ich das vermisst hatte! Das ist dann aber wohl die kommenden Tage das letzte Mal, dass ich das machen kann, da ich so schnell nicht mehr so hoch komme. So ging's sehr schnell runter, bis auf die 2 Pausen die ich machen musste, um mir kleine Steine aus dem Schuh zu holen. So perfekt war die Abfahrt dann doch noch nicht. Von der Weite konnte ich schon Nuria sehen und der Abstieg dorthin verlief bald nicht mehr ueber Steinfelder sondern Wiesen und wie im Flug war ich auch schon unten.
Nuria...
(image by Julie Baudouin)
Nuria selbst ist aber kein Ort sondern eher ein Kloster das in ein Hotel umfunktioniert wurde mit angebundenem Skibetrieb. Nicht gerade das, was ich mir hier erhofft hatte. Naja, dann musste ich halt das Beste daraus machen. In dem Touristensupermarkt kaufte ich mir erst mal einen Liter Saft, da dieser auch billiger war als eine Dose Cola. Schon seltsam, dass eine kuenstlich hergestellte Ploerre teurer sein soll als etwas, bei dem natuerliche Zutaten hergestellt werden muessen. Beim Hotel fragte ich erst mal nach einer Unterkunft. Inkl. Fruehstueck wollten die 67 EUR haben. Zwar habe ich auf anderen Touren auch schon mal mehr fuer ein Zimmer bezahlt, da war ich aber auch verzweifelter. So entschloss ich mich dann den Campingplatz zu belegen, wenn man ueberhaupt von einem Campingplatz sprechen kann. Das sind einfach nur Stellplaetze und daneben 2 Duschen mit kaltem Wasser und noch 3 Toiletten, sonst nichts. Aber das passt schon. Ich habe ja noch genug zu Essen dabei und Julie sowie Benjamin stossen ja auch bald dazu. An etwas ganz bestimmtes dachte ich aber: Ich bin hier auf fast 2000 Metern, was in etwa der Hoehe der Lavitzalm bei der Muenchen-Venedig Tour mit Valentin entspricht. Damals hatten wir nur ein einwandiges Kinderzelt und ich einen Sommerschlafsack. Genau wegen solchen Hoehen habe ich mir das doppelwandige Zelt sowie einen dickerern Schlafsack besorgt. Heute wird sich's zeigen, ob sich das rentiert hat, weil ich in der Nacht auf dieser Hoehe schon Temperaturen von 5 Grad in der Nacht erwarte.
Abendessen mit Ben (rechts) und Julie (hinter der Kamera)
(image by Julie Baudouin)
Zu meinem Glueck befand sich auch noch ein Wandergeschaeft in dem umgebauten Kloster. Dort konnte ich mir doch tatsaechlich ein zweites Paar Wandersocken erstehen, von denen ich jetzt gespannt bin, wie gut die in Wirklichkeit sind. Sozusagen China 2 EUR fuer 3 Paare vs. Spain 15 EUR fuer ein Paar. Zu Abend habe ich dann zusammen mit Julie und Benjamin gegessen. Fuer mich gab's Nudeln mit Tomatensauce und Wurststueckl. Sie selbst genuegten sich mit bisschen Nudelsuppe, Sardinenfisch und etwas von meiner Kreation ab. Evtl. ist das hier sogar der hoechstgelegene offizielle Zeltplatz auf dem GR11. Es ist jetzt halb 10 und ist jetzt schon schweine kalt. Der Fluss rauscht 10 Meter rechts von mir vorbei, das Abendrot erleuchtet noch die Wolken und ich habe kein Bier... Der Supermarkt verkaufte naemlich keines. Tja, dann muss ich eben ohne Bier in's Bett. Meine Beine haben einen heftigen Sonnenbrand abbekommen. Sowohl die Wadeln als auch die Vorderseite brennt sackrisch. Morgen geht es zum Glueck tiefer runter, wo es denke ich auch wieder mehr Baeume und mehr Schatten geben wird. Das Einschlafen heute wird sicherlich ein brennendes Problem werden. Morgen steht voraussichlich eine gemuetliche Tour bevor.