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Freitag, 01.08.2014

Tag 23 - Ein verknackster Fuss laeuft sich schlecht

Parzan → Chisagues → Petramula → Collata les Coronetas → Refugio de Lalarri → Refugio de Pineta

Das war heute ja mal zumindest fuer meinen rechten Fuss, nicht mehr der linke, ein richtig beschissener Tag. Es gab auch einen wahren Autobahnhatsch, der allerdings mit einem wunderbaren Ausblick belohnt wurde.
Pista! Pista!
(image by Alain Collet)

Da das Essen und die anschliessende Plauscherei etwas laenger gedauert hat, sind wir heute erst um 6:30 aufgestanden und machten Fruehstueck. Das war wohl das beste Fruehstueck der ganzen Pyrenaeen Durchquerung. Es gab frisches Baguette, Honig, guten Naturjughurt, Wurst, heisse Schokolade, Aepfel, Pfirsiche und das war's dann auch schon. Bisher konnte da kein Fruehstueck mithalten. Leider mussten wir den ganzen Mist auch selbst abspuelen was aber zusammen schnell erledigt war. Dann noch zusammenpackeln und auf ging's in die heutige Etappe. Es ist nun tatsaechlich schon der 23te Tag. Wenn man das mit Muenchen-Venedig vergleicht, waere ich jetzt schon im Flachland angekommen und haette nichts mehr vor mir. Hier aber befinde ich mich noch mitten in den Pyrenaeen.
Huebsch war das Tal ja schon, wenn nur die Autobahn nicht gewesen waere...
(image by Alain Collet)

Erst um 7:30 starteten wir in die heutige Etappe - oder war's 8 Uhr? Ich weiss es ehrlich gesagt nicht mehr. Auf jeden Fall folgten wir einem kleinen etwas versteckten Weg durch das Dorf, der uns zur Hauptstrasse hochfuehrte. Diese ging nun in vielen Kehren nach oben und ich dachte mir mal auch bei einem der kleinen abzweigenden Wanderwege, dass dieser sicher eine Abkuerzung sei. Leider hat sich das als Dornenfalle herausgestellt. Immer stacheliger wurde der Weg, immer mehr Dornenstraenge hingen in den Weg hinein und immer mehr Kratzer bluteten an meinen Beinen vor sich her. Auch das Freischlagen mit den Wanderstoecken brachte nicht ganz so viel. Dann ging's wirklich nicht mehr weiter und ich sagte den anderen, dass das hier wohl wirklich nicht der Weg ist. Also wieder zurueck und ueber eine Abzweigung gelangten wir auf eine kleine Wiese. Dann sahen wir schon einen Mann in der Ferne sitzen, der ein fettes Grinsen auf seinem Gesicht hatte. Ja, der wusste wohl, dass das kein Wanderweg ist. Bald waren wir dann wieder auf der Hauptstrasse, dem Wanderweg, zurueck und weiter ging's nach oben.
Viel Schnee und Eis auf den Nachbarbergen
(image by Alain Collet)

Der Weg zog sich auch wirklich eine Ewigkeit hin. Leider spuerte ich auch schon, dass mein rechter Fuss nicht mehr richtig funktionierte. Der Linke ist jetzt super und so gut wie schmerzfrei, dafuer war der Sprung gestern auf den Stein beim Geroellfeld und das daraus resultierende Umknicken wohl doch nicht das Beste was man beim Weitwandern machen kann. Immer wenn der Fuss nach innen einknickte indem ich z. B. auf einen Stein trete, schmerzt das Gelenk hoellisch, so wie wenn jemand mit einer Nadel reinstechen und herumpuhlen wuerde. Ein Kapselriss scheint es aber zum Glueck nicht zu sein, da sich an der Haut keine Verfaerbung gebildet hat. Dafuer aber wohl eine sehr starke Prellung. Aber auch so kann ich noch zum Atlantik laufen :-). Ein bisschen humpelnd lief ich so den anderen nach, die immer mehr an Abstand gewannen. So ein ausgiebiges Fruehstueck war mein Magen wohl auch nicht mehr gewohnt, weshalb ich auch noch irgendwo einen Kacktus pflanzen musste. Dabei wechselte ich auch gleich meine Reifen und lief mit den Sandalen weiter. Diesen Autobahnhatsch kann man ja anders fast nicht aushalten. Meine alten Wandersocken haben jetzt uebrigens noch groessere Loecher. Hoffentlich halten diese noch die noch ausstehenden Tage durch. Sollte ich den GR10 laufen, muesste ich mir definitiv neue Socken kaufen. Aber nicht so stinkende wie die aus Nuria. Die kann man lediglich einen Tag anlassen, dann stinken die bereits grauenhaft vor sich her.
Pause! Ich weiss immer noch nicht, wie Tobi es so lange in seinen Schuhen ausgehalten hat, ohne diese unterwegs desoefteren auszuziehen.
(image by Alain Collet)

Kehre um Kehre verlief der Weg also weiter nach oben. Die Sonne blinzelte auch schon ab und zu auf die Strasse und hier und dort hoerte man auch ein paar Murmeltiere pfeifen. Einmal war eines sogar vllt. nur 10 Meter von mir entfernt. Nach vllt. 2 Stunden hatte der Autobahnhatsch auch ein Ende und ich musste wieder zu meinen Wanderschuhen wechseln. Hierbei schnuerte ich den rechten Fuss so fest wie moeglich ein, was aber nur bedingt half. Es fehlten von den vllt. 1000 HM noch gut 250 HM, die ueber unebene Wanderwege zu schaffen waren. Da hatte ich fast keine Chance, dass ich schmerzfrei davon komme. Ich brauchte heute auch erst gar nicht versuchen, den anderen nachzukommen. Jeder Schritt, den ich mit dem rechten Fuss tat, war wohl ueberlegt. Immer versuchte ich, so zu treten, dass der Aussenfuss gestreckt wurde. Leider funktionierte das nicht immer. Das Schmerzhafteste war wohl, wenn ich auf einen wackeligen Stein stieg und dann immer wieder der Schmerz durch das Gelenk fuhr. So einen Mist habe ich bisher ja auch noch nicht miterlebt und das moechte ich auch keinem wuenschen. Nicht einmal das feste Schnueren der Schuhe brachte viel, da nur ein geringer Druck auf das Gelenk in der bestimmten Haltung ausreichte, um den stechenden Schmerz zu verursachen. So, genug ueber den drecks rechten Fuss geschrieben. Also es ging ueber eine baumfreie Landschaft ueber Wiesen oder teils sehr steil ueber Gestein weiter hoch. Die Baumgrenze scheint hier doch wieder bei 2000 HM zu liegen. Das scheint von Tal zu Tal unterschiedlich zu sein.
Genau diese Wand hoch wird der Weg den naechsten Tag verlaufen!
(image by Alain Collet)

Oben am Collata las Coronetas angekommen durften wir dann alle den Anblick von dem Monte Perdido Massiv geniesen. Die Spitze war zwar in Wolken gehuellt, aber schon alleine das steil hochsteigende Gestein vor uns, welches morgen bestiegen werden muss, war einfach beeindruckend anzuschauen. Diese Art Wand erstreckte sich kilometerweit. Diese wird sicher einiges an Anstrengungen kosten. Dort oben machten wir auch eine Pause und packelten einen Teil unseres Proviantes aus, der fuer 2 weitere Tage ausreichen wird. Dann schlemmerten wir los. Geraeucherter Schinken, Blauschimmelkaese und Baguette. Mei ist das fein! Dazu goennte ich mir auch noch ein Bier. Tja, es ist wieder mal nicht 12 Uhr aber das Bier habe ich mir ganz sicher verdient und es wird hoffentlich auch beim Abstieg helfen um die Schmerzen zu lindern. Ueber dem Monte Perdido braute sich aber auch schon etwas zusammen, das wohl bald zu einem Gewitter werden wuerde und zu uns herueberkommen koennte. Immer oefters hoerten wir ein Grollen in der weiten Ferne und als dann die ersten Regentropfen herunterfielen, beschlossen wir auch, uns an den Abstieg zu machen.
Etwas weiter unten mit Blick zum nicht bewirtschafteten Refugio
(image by Alain Collet)

Ja, der Abstieg. Bisher musste ich ja nur nach oben und der Abstieg ist wirklich die reinste Hoelle fuer meinen Fuss. Die anderen liefen wohl 30% schneller als ich herunter, aber ich konnte einfach nicht schneller. Ansonsten haette ich immer wieder laut aufschreien muessen. Der erste Abstieg verlief aber nur ca. 50 HM herunter um dann auf einer Wiese eben weiter zu verlaufen. Dann wieder 50 HM, teilweise ueber schraege Wiesenhaenge, bei denen ich wieder keine Chance hatte, schmerzfrei herunterzukommen. Dann wieder weiter ueber Wiesen und letztendlich ein sehr steiler Abstieg ueber Felsen, Wurzeln und anderes Glump das ich normalerweise nur einfach so herunterrennen wuerde, heute aber wie ein Anfaenger herumhampelte. So kam ich die ersten 400 HM herunter und war froh, dass mich so niemand hat laufen gesehen. Dafuer muss man sich ja schaemen! Seltsamerweise verzogen sich die Wolken wieder ueber uns und uns scheinte wieder die Sonne an. Die anderen beiden hatten es sich schon auf einer Wiese in der Naehe vom Refugio de Lalarri gemuetlich gemacht und ich gesellte mich auch schon gleich dazu. Dann hiess es mal wieder relaxen. Mind. 1 Stunde luemmelten wir uns herum, schliefen und entspannten. Dann kamen irgendwelche Grattler mit Kindern daher, die neben uns Platz nahmen und bei denen man nicht wusste, ob die Eltern oder die Kinder mehr herumschrieen. Vielen Dank ihr lieben Berggrattler. Genau Leute wie ihr machen die Berge kaputt. Die Grattlergrenze war damit auch wieder klar unterschritten. Ich wusste, dass es weniger als 300 HM sind, bis unten irgendeine Strasse, ein Taxistand, ein Bus oder etwas aehnliches ist.
Die Gesteinsformationen waren sehr, sehr faszinierend
(image by Alain Collet)

Aber auch das machte den nun anstehenden Abstieg nicht leichter. Der Wanderweg verlief zuerst steil und kreuzte immer wieder die Strasse. Trotz meines kaputten Fusses war ich aber immer noch schneller als die anderen Grattler was mir eine gewisse Befriedigung gab. So humpelte ich erst ueber Gestein, dann ueber einen leicht im Wald abfallenden Weg weiter herunter. Julie und Tobi habe ich immer noch nichts von dem Umknicken erzaehlt. Die denken sicherlich, dass das an meinem linken Fuss liegt, dem es mittlerweile aber ganz gut geht. Nach diesen weiteren vllt. 250 HM kam ich dann endlich unten bei der Strasse heraus und war mir gewiss, dass es ab sofort schmerzfrei weiter auf der Strasse weitergehen wuerde. Ich schaute mir noch schnell die Kapelle an, die direkt neben der Abzweigung war und dann liefen wir weiter zum Campingplatz der gleich um die Ecke war um festzustellen, dass dieser zwar seinen Barbetrieb geoeffnet hatte, allerdings das Camping nicht geoeffnet war. Also weiter zur Huette! Ich meinte nur noch, dass es auf der Strasse schneller sei und nach 20 bis 30 Minuten Strassenhatsch waren wir damit bei der Huette, die eigentlich keine Huette ist, da sich diese direkt neben einer Hauptstrasse befindet. Aber egal, so ist das jetzt eben.
Bei der Huette
(image by Alain Collet)

Nun sind wir im Schnarchlager untergebracht und ich darf wieder mal nach oben in's obere Bett klettern. Die Duschen waren recht interessant, da die Duschzellen nur aus der Dusche selbst bestand sowie Haken an der Tuer bei denen man seine trockenen Sachen aufhaengen konnte und dann einen Vorhang, den man vor diese Sachen ziehen konnte. Sehr platzsparend.

Das Abendessen war eigentlich prima. Zuerst gab's einen gemischten Salat mit Brot, dann eine grosse Portion Spaghetti. Ein paar Nudeln waren zwar von gestern, aber ansonsten hat das gepasst. Da dachte ich mir schon, dass es das war und dann kam noch ein Tablett mit einer grossen Portion Fleischstuecke fuer jeden. Nur das Dessert war bescheiden. Es gab Jughurt mit kuenstlichem Zitronengeschmack.