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Sonntag, 27.07.2014

Tag 18 - Gemuetlich Hatschen, gemuetlich essen, gemuetlich trinken

Irgendwo im Nirgendwo → Port de Ratera → Refugi de Colomers → Port de Colomers → Coret de Oelhacrestada o Port de Rius → Refugi dera Restanca.

So, nun bin ich endlich wieder in einer Huette angekommen in der ich mich duschen konnte. So halte ich das nach dem gestrigen natuerlichen Tag ganz gut aus. Mit dem fruehen Aufstehen hatten wir auch den ganzen Tag Zeit, um am Ziel anzukommen. Naja, zumindest jeder an seinem eigenen Ziel.
(image by Alain Collet)

Die Nacht war recht angenehm in dem Zelt. Der Wind hoerte bald auf das Zelt zu bewegen, zu zweit war es sowieso etwas waermer in dem Zelt, obwohl ich der Meinung bin, dass mein Zelt deutlich besser ist, da dessen Aussenhuelle bis zum Boden herunter reicht und damit nicht der Wind zwischen die beiden Huellen reinblasen kann. Aber egal - relativ warm war's trotzdem. Um 5:30 Uhr klingelte dann auch schon der Wecker und Julie stand auch gleich auf. Neeeee, ich nicht. Zumindest jetzt noch nicht. So richtig haette das auch nicht geklappt, da wir nicht beide in dem Mini-Zelt haetten zusammenpackeln koennen. So waeren wir nur aneinandergestossen. Ich hatte ja schon Probleme damit, gestern an dem Tagebuch im Zelt zu schreiben, da mir immer wieder mal die Muskeln verkrampften und ich immer wieder die Stellung vom Schneidersitz auf den Bauch und anders herum wechseln musste. Nachdem Julie dann mit dem Packen fertig war, ging's auch bei mir los. Irgendwie habe ich hier kein Problem damit, dass ich in aller Frueh aufstehen muss. In der Arbeit koennte ich das nur schwerlich schaffen und mache das meistens auch nicht. Mein Zeug war relativ schnell aus dem Zelt geschafft, sodass sich jeder um sein eigenes Zeug kuemmern konnte. Mein Zelt war auch pitschnass vom Morgentau. Damit habe ich jetzt endlich auch die Bestaetigung, dass die Naesse an der Aussenwand durch den Morgentau entsteht und nicht durch die Ausduenstungen von der Person, die in dem Zelt schlaeft. Mit einem Funktionshandtuch welches ich oefters einmal auswringen durfte, entfernte ich so die groebste Naesse vom Zelt und liess es erst mal noch weiter stehen. Dann machte ich Wasser heiss. Julie erfreute sich eines Kaffees, waehrend ich mich an der letzten Packung heisser Schokolade hoechst erfreute. Solange noch nicht alles richtig eingepackelt war, lief ich immer noch in den Sandalen herum obwohl mir damit der linke Fuss deutlich mehr schmerzte. Mir scheint es mittlerweile so, dass ich in den Wanderschuhen fast keinen Schmerz am Fuss verspuere, da er darin sehr stabil gehalten wird, waehrend jeder kleine Stein der an einer bestimmten Stelle unter meinem Fuss durch die Sandalen drueckt, irgendeinen Punkt erwischt, bei dem ich manchmal einfach nur aufschreien wollte. Aber egal - mit den Wanderschuhen kann ich problemlos weiterlaufen. Das halb-nasse Zelt packte ich dann auch noch in meinen Rucksack, hing alles, was noch etwas feucht war an meine Rucksackaussenseite und schon ging's los in den 18-ten Tag.

Da wir uns bereits auf 2400 HM befanden, war der Weg bereits sehr steinig. Dafuer durften wir einen wunderschoenen Sonnenaufgang erleben, der Stueck fuer Stueck die Spitzen der Berge in Sonnenschein huellte, uns aber noch genug Zeit liess, ohne Sonne aufzusteigen. Dank des gestrigen Aufstieges waren ja auch nur noch weniger als 200 HM Aufstieg zu schaffen. Ueber ein bisschen Steinglump folgten wir den gelben Markierungen weiter und weiter nach oben und blickten nochmal zu unserem "Notbiwakierungslager" zurueck. Ja, das war schon ganz gemuetlich. Weiter oben lag immer mehr Schnee herum und ich wundere mich auch schon, wie das erst uebermorgen wird, wenn wir auf knapp 2800 HM hoch muessen. Da wird es vor Schnee ja nur so wimmeln und hoffentlich laufen wir in den Schnee nicht wieder am Morgen, wenn dieser zu hart ist, wenn wir diesen moeglicherweise queren muessen. Der Weg war noch sehr abwechslungsreich: Teilweise verlief dieser ueber Wiesen, teilweise ueber Geroellfelder. Nach deutlich weniger als einer Stunde stand ich dann am Uebergang und war von dem Anblick mal wieder ueberwaeltigt. Die umzingelnden Felsmassive waren einfach nur herrlich anzuschauen und das erste mal erblickte ich auch eine Berggams oder so etwas aehnliches, welches gerade ueber ein Schneefeld huschte. An Seen wimmelte es hier oben ja sowieso nur. In jeder noch so kleinen Mulde bildete sich ein See und wir liefen heute auch noch an weitaus mehr Seen vorbei.

Dann stand uns erst einmal ein kleiner Abstieg von nur 250 HM bevor, fuer den wir aber laenger als gedacht benoetigten. Der Weg fuehrte naemlich ueber sehr viele Steine und engen Kurven nach unten, sodass ein schnelles Vorankommen nicht moeglich war. Ich erhoffe mir immer noch mal wieder so ein tolles Geroellfeld in das ich hineinspringen kann. Wieder mal gab es unten einen See, auf den wir zuliefen und diesen auf der linken Seite passierten. Ich wunderte mich mal wieder ueber den Wegweiser, den ich gestern gesehen hatte, nachdem es zur naechsten Huette nur 1 1/2 Stunden sein sollten. Das waere ungefaehr jetzt soweit, was ja nicht sein kann. So aber sind die spanischen Wegweiser und mittlerweile wundere ich mich ueber diesen Unsinn nicht mehr so sehr wie am Anfang. Allerdings scheinen die KM Angaben in den Bergen zu stimmen, die aber nur bedingt Informationen liefern, da einige Wege deutlich beschwerlicher sein koennen, sodass man mind. die 3-fache Zeit mit einrechnen muss im Vergleich zu einer Autobahn. Der See war schnell passiert und der Weg fuehrte uns alsbald auch schon an der linken Seite eines weiteren Sees entlang. Wg. dem bisschen Wind gab es leider keine perfekte Spiegelung der gegenueberstehenden Berge im Wasser.

Die Landschaft hier war einfach nur noch huegelig, aber nicht so wie das Teletubbieland sondern deutlich feinhuegeliger, mit mehr Felsen. Ich hatte wie bei Muenchen-Monaco das Gefuehl, jetzt weiter zum Zentrum der Gebirgskette zu kommen. Der Weg schlaengelte sich um diese Hindernisse und wir benoetigten eben deutlich mehr Zeit als ich das von der Karte her eingeschaetzt haette. Vor uns befand sich dann auf einmal ein Staudamm den ich in der Karte ganz uebersehen hatte. Genau ueber diesen schoenen Damm verlief dann der Wanderweg und ich dachte mir schon, dass das Gebaeude direkt am Damm die Huette waere. Diese haette zwar perfekt zum Huettenaussehen gepasst, aber nix da. An dieser Huette ging es vorbei und weiter auf einem Wanderweg zu einem Gebaeude das schoen auf einer Anhoehe zentraler beim See lag. Auf dem Weg dorthin war auch noch eine kleine Holzbruecke zu queren, die in der Mitte zusammengebrochen war. Wie das wohl passiert ist?
Weg entlang von huebschem See
(image by Alain Collet)

Bei der Huette kamen wir dann tatsaechlich erst nach etwas weniger als 3 Stunden an und brauchten damit deutlich laenger als erwartet. Aber wir hatten heute ja genug Zeit. Wir packelten erst mal unsere beiden Zelte aus um diese in der Sonne trocknen zu lassen und waehrend Julie Kaffee trank, schuettete ich mir eine Cola nach der anderen rein. Irgendwie habe ich heute ein deutliches Defizit an Fluessigkeit zu verkraften und es stand noch ein Anstieg an, den ich mit Zucker etwas beschleunigen wollte. Bei der Huette verbrachten wir wohl mind. eine Stunde, in der wir uns sonnten, mal wieder das Zelt wendeten, ich ass etwas um mir dann mal wieder eine Ibuprofen reinzuschmeissen da man diese ja angeblich nur nach dem Essen nehmen sollte und wir genossen die schoene Lage und dass wir noch so viel Zeit hatten um weiterzulaufen. Heute war in der Tat keine Eile geboten.

Nach wohl einer Stunde und mehrmaligem Wenden des Zeltes schuettete ich mir nochmals eine Cola rein, da ich irgendeinen Mangel verspuerte, und dann ging's auch schon los, weg von der Huette die so schoen an dem Stausee gelegen ist. Wie im Fuehrer empfohlen, beschlossen wir die Alternativroute zu waehlen, da der offizielle GR11 ewig lange entlang einer Fahrstrasse entlang fuehren wuerde und darauf hatte niemand von uns wirklich Lust. So einen Hatsch darf jemand anderes machen. Stattdessen stiegen wir weiter hoch, erst mal einem schoenen Fluss folgend und immer weiter vorbei an weiteren Seen von denen es hier unzaehlige gibt. Sollte es einen Seenliebhaber geben, dann waere das hier wohl die Traumlandschaft. So richtig Lust zum Laufen hatte ich heute irgendwie nicht. Meine Beine waren schon maechtig schwer, obwohl ich nicht mehr viel Gepaeck mitschleppte. Schritt um Schritt lief ich so die vllt. 450 HM nach oben, dachte mir erst, dass der Uebergang schon zum Greifen nahe waere, aber dann versteckte sich doch nochmal ein Anderer dahinter der aber in Windeseile erreicht war. Von diesem bot sich erneut ein super schoener Ausblick auf weitere Seen und auch den naechsten Uebergang. Zuerst verlief der Weg weiter nach unten, um vllt. 150 HM und von der Ferne schaetzte ich den naechsten Uebergang eigentlich ziemlich schwer ein, da sich darin ein Schneefeld befand. Auf dem Weg dort hoch machte ich immer mal wieder Bekanntschaft mit Steinmaennchen bzw. diese mit mir. Irgendwelche Vollpfosten stellten hier doch tatsaechlich irgendwo Steinmaennchen auf, die teilweise ueberhaupt keinen Sinn ergaben. Drei von diesen Depp-Maennchen glauben dieses mal daran. Entweder schob ich diese mit dem Wanderstecken in's Nirvana oder schmiss die Steine grantig vor mir her. Gestern baute ich ein Steinmaennchen selbst auf als es mir passend erschien. Ein wirklich Huebsches! :-).

Was mich doch sehr wunderte war, dass in dieser Gegend erstaunlich viel los ist. Es ist immer noch Sonntag, aber trotzdem haette ich nicht so viele Wanderer erwartet, die hier in der Mitte vom vermeintlichen Nirgendwo herumwandern. Vllt. ist doch noch nicht alles verloren. Allerdings war dieses Gebiet auch von 3 sogenannten Taxistaenden umzingelt, bei denen die Grattler bis auf wenige hunderte HM hochgekarrt werden. Leider scheinen sich sonst aber die Huetten anders nicht halten zu koennen. Nach dem relativ steilen Aufstieg lag dann auch das Schneefeld vor uns und war dann doch nicht mehr so beeindruckend. Der Weg fuehrte direkt links daran vorbei und das war's dann auch schon. Dafuer hatte der nun folgende Abstieg einiges zu bieten. Dieser verlief naemlich ueber ein richtiges Geroellfeld und zwar eines mit sehr grossen, teilweise metergrossen Steinen. Irgendwo dort schlaengelte sich der Weg herunter. Wieder einmal dachte ich mir, dass man die Wegzeit unmoeglich der Karte nach einschaetzen koennte. Ich freute mich aber ueber eine solche Abwechslung. So ein Geroellfeld bedarf vollster Aufmerksamkeit und weiter unten wartete ein See mit einer Gruenflaeche davor, an dem sich schon andere Leute tummelten. Gerade habe ich auch den Grund dafuer entdeckt, warum hier so viele Leute herumlaufen: Es gibt eine Huette zu Huette Verbindung, bei der man max. vllt. 4 Stunden sau gemuetlich laufen muss und dann ca. 7 Huetten abklappern kann. Kein Wunder, warum hier soviel los ist.

Nach doch relativ langem Abstieg fuer diese 250 HM machten wir es uns dann am See gemuetlich. Das Gras piekste zwar etwas, aber mein Rucksack gab mir dann doch eine gute Lehne ohne zu pieksen. Mit meinem halben Liter Notwasser, das ich eigentlich von Anfang an mitschleppe, ohne jemals davon Gebrauch gemacht zu haben, machten wir uns einen Tee heiss. Ja, so kann man's aushalten. Die Sonne brannte auf mich ein, weshalb ich schon beim Refugio Collomers meine Zimmerhose verlaengerte um meine Beine vor Sonnenbrand zu schuetzen, die Gegend hier ist einfach nur noch atemberaubend schoen, genauso wie die Wanderwege, der See vor mir, und einfach nur chillen mit Zitronentee. Ja, ein Bier waere mir lieber gewesen aber der Zitronentee war besser als das lacke Wasser. Gestern machte ich auch das erste mal Gebrauch von dem Micropur, das ich in meine Flasche schmiss, die ich vorher mit dem Wasser aus einem See fuellte. Leider musste ich nun feststellen, dass ich diese Wasserflasche irgendwo auf dem Weg verschlampt hatte. Mist. So eine in der richtigen Groesse finde ich normalerweise nur im Supermarkt. Dann beschloss ich weiterzugehen. Julie wollte aber unbedingt zelten und hat sich schon vorher bei Vorbeiwandernden erkundigt, ob es unten eine Zeltmoeglichkeit geben wuerde was verneint wurde. So beschloss sie, hier oben beim See zu bleiben, um dann wohl ein "Notbiwak" aufzuschlagen, waehrend ich aber scharf auf die heisse Dusche war, welche mir in meinem Fuehrer versprochen wurde.

Also machte ich mit Julie aus, dass wir uns morgen nach 7 Uhr, vermutlich halb 8 bei der Huette treffen und sie eben hier oben bleibt. Rechts vorbei am See verlief der Wanderweg noch ein bisschen der huegeligen Landschaft folgend Auf und Ab. Dann aber folgte er auf einmal dem Fluss, der von dem See gespeist wurde. Teilweise stieg ich in dem Fluss selbst ab und das nicht gerade angenehm. Grosse Stufen waren zu nehmen und viele Steine waren feucht oder sogar leicht bemoost. Nach einer weiteren viertel Stunde konnte ich dann aber auch schon die Huette unten sehen, bei der ich dann in Windeseile angekommen bin. Dort gab es fuer mich auch noch einen Platz im Schnarchlager. Das ist heute dann wohl das erste mal, dass ich mit vielen anderen in einem Matratzenlager schlafen werde. Sonst hatte ich ja immer Glueck gehabt. Mal schaun, wie es wird.
Refugi de Colomers
(image by Alain Collet)

Der Zustand in meinem linken Fuss scheint sich irgendwie stabilisiert zu haben. Es wird nicht schlechter, aber auch nicht besser. Aber so kann ich es bis zum Schluss schaffen. Ich bin mir auch nicht sicher, ob die Ibuprofen etwas bringen, ich schluck die Teile aber trotzdem einfach weiterhin. Die Schwellung jedenfalls ging etwas zurueck. Der Schmerz selbst wird aber nur geringfuegig von Tag zu Tag weniger aber eher unmerklich. Vllt. gewoehnt sich mein Koerper einfach nur daran.

Morgen wollte eigentlich Tobi mit dazustossen. Von ihm habe ich aber seit Tagen nichts mehr gehoert. Evtl. liegt das daran, dass mein scheiss GPS SOS Sender ueber den ich auch mit SMS kommunizieren kann eine Fehlfunktion hat und deshalb keine SMS mehr empfangen kann. So ein Mist! Hoffentlich konnte er noch meine SMS bekommen mit dem moeglichen Treffpunkt und er faehrt auf gut Glueck los. Ansonsten waeren die ganzen Bemuehungen umsonst gewesen.

Zum Abendessen gab's hier erst mal eine sehr ungewoehnliche Brotsuppe, die viele links liegen gelassen haben. Dem folgte ein Salat mit Nudeln, bei dem ich hauptsaechlich die Nudeln verputzte. Dann noch eine dicke Wurst mit Pilzen und zum Abschluss ein Joghurt, bei dem ich auf Spanisch aussen dran stehend lesen konnte, dass er nur kuenstliche Geschmacksstoffe und Zucker enthaelt. Prost, Mahlzeit. Zum Fruehstueck bestellte ich mir hier nichts, weil ich auf den Huetten bisher immer davon enttaeuscht wurde. Da kann ich gleich mein Lunchpaket pluendern, das ist besser.

Gerade (9 Uhr abends) zieht hier auch eine gewaltige Suppe auf, sodass Julie jetzt sicher in den Wolken mit null Ausblick sitzt. Das ist wohl ihr erster Tag alleine im Zelt in den Bergen. Hoffentlich gewittert es nicht...