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Sonntag, 07.09.2014

Tag 16 - Viele Wiesen und Hoehenmeter

Bagneres-de-Lunchon → Sode → Artigue → Pic de Bacanere → Col d'Esclot d'Aou → Artigue (Nothuette) → Fos

Auf der Karte habe ich nicht gerade viel geschafft, allerdings sehr viel an Hoehenmetern und 2 weitere Etappen sind zu Ende, wenn auch die Zweite mit der Angabe von etwa 3 Stunden wohl sehr mager ausgefallen ist. Aber immerhin bin ich damit dem grossen Ziel zum Mittelmeer zurueckzukehren einen weiteren kleinen Schritt weiter gekommen.
Eine Wegbeschilderung die wohl eher abschreckend wirkt

Als der Wecker um 6:30 Uhr bimmelte, stellte ich ihn gleich auf 7 Uhr weiter. Da ich gestern bis um kurz nach 12 Uhr wach war um mir auf dem Fernseher noch die Geschichte der Rolling Stones anzuschauen, war ich noch todmuede. Kurz vor 7 Uhr bin ich dann selbst aufgestanden, fing an mein Graffl zusammenzupackeln und machte Fruehstueck. Gestern kaufte ich mir Milchreis, was auch die Vorspeise zu der Pizza war. Die restlichen 3 kleinen Portionen verfutterte ich dann zum Fruehstueck. Dann gab's auch noch etwas von der guten Wurst, zusammen mit dem gestern gekauften Baguette. Leider war das schon wieder nicht mehr soooo frisch. Dann mischte ich mir noch die 2 Flaschen SMS Wasser und ab ging's runter in's Hotel. Ich durfte im billigsten Zimmer naemlich schon wieder ganz hoch ins dritte Stockwerk laufen. Unten angekommen zahlte ich und dann wurde ich noch gefragt, ob ich denn kein Fruehstueck wolle. Noe, das brauche ich jetzt wirklich nicht mehr. So ging der heutige Tag los.
Das Radrennen

Den Wegmarkierungen konnte ich anfangs noch folgen. Dann allerdings zweigte die rot-weiss Markierung an einer Stelle ab, die in der Karte nicht verzeichnet war und dann gab's auch keine weiteren Markierungen mehr. OK, dann eben auf der Hauptstrasse weiter. Dort nichtsahnend laufend ueberholten mich dann 3 Motorradfahrer mit seltsamen Westen an, dann ein Auto mit gelb blinkendem Licht und dann vllt. 100 Rennradfahrer, die anscheinend irgend einen Wettkampf hatten. Ja so ein Schmarrn! Dann bog der Weg nach rechts ab und schon war ich wieder auf dem GR10. Bei einer anderen Wegmarkierung an einem Strassenschild konnte ich dann feststellen, dass wohl der rote Teil immer wieder abfaellt und ich nur den weissen Markierungen haette folgen sollen. Aber das spielte jetzt auch keine Rolle mehr. So lief ich weiter durch das erste Dorf, wo mich der Wanderweg immer wieder die Hauptstrasse querend hoch nach Sode fuehrte und schon waren die ersten paar HM geschafft. Sode selbst war ein sehr kleines Dorf, wo mich die Wegmarkierungen durch die verwinkelten Gassen weiterfuehrten, wo ich schlussendlich wieder auf einem in etwa gleicher Hoehe weiterfuehrenden Weg kam. Dann aber fingen die Serpentinen an und schlaengelten sich durch den Wald, teilweise vorbei an verfallenen Haeusern, hoch in Richtung Artigue. Die Morgensonne versteckte sich wie erwartet immer noch hinter dem Huegel. Ich hoffte auch, dass das noch die naechste Zeit so bleiben wird. Durch lichte Baeume sah ich dann auch schon Artigue, das Dorf bei dem ich dann die ersten 500 HM geschafft hatte. Damit waren nur noch etwas mehr als 1000 HM uebrig.
Die Stufen, die den Wanderweg einlaeuteten

In Artigue selbst wollte ich dann eine bereits halb leere SMS Wasserflasche weiter auffuellen, allerdings war der Brunnen unterhalb der Kirche und ich meinte mich zu erinnern, dass in meinem Fuehrer etwas anderes stand (Leider lag ich damit falsch), weshalb ich weiter ging und dann eben keine Quelle mehr fand. Aber das Wasser sollte auch noch so ausreichen. Ich hatte noch 1 Liter in meinem Trinkbeutel, 1 Liter in der anderen SMS Flasche und noch ein bisschen mehr in der anderen Flasche. Der Weg fuehrte dann erst mal ueber eine Fahrstrasse weiter und die rot-weiss Markierungen bogen dann hier und dort an abzweigenden Strassen ab. Soweit passte das auch alles in meinen Augen. Auf der gegenueberliegenden Bergseite konnte ich schon seit laengerem die Bergstation sehen, von der ich gestern noch heruntergelaufen kam. Genauso den Gipfel an dessen Seite ich zur Bergstation gelaufen bin. Links daneben erhob sich dann das wirkliche Gebirge, worueber auch der GR11 verlief. Hier auf der franzoesischen Seite gibt es irgendwie kein wirklich felsiges Gebirge in diesem Bereich. Aber das ist soweit auch OK, solange das Wetter so relativ stabil bleibt wie bisher. Ich denke, dass ich wirklich Glueck hatte, da ich dem schlechten Wetter davongelaufen bin. So, nun wieder zurueck zum heutigen Tag.
Die erste kleine Huette zum Pausieren

An irgendeiner Stelle war dann eine Markierung, die sowohl fuer den scharf nach links abzweigenden, als auch fuer den geradeausfuehrenden, als auch fuer den nach links den Berg hochzweigenden Weg sein haette koennen. Da ich weiter oben in ca. 50 HM Entfernung einen Wegweiser sah, entschied ich mich einfach dem leicht angedeuteten Pfad zu folgen und stieg direkt den Hang ueber irgendwelche Wurzelgewaechspflanzen hoch. Ich nahm immer den am besten passendsten Pfad als es Abzweigungen gab und war dann auch schon wieder auf der Strasse oben herausgekommen. Nur gab's hier keine rot-weissen Markierungen zu sehen, die wieder die Strasse weiter zurueck in den Wald fuehrten. OK, also weiter die Schotterstrasse leicht absteigend zum Wanderschild und dort bog auch der GR10 nach rechts ab. Munter stapfte ich weiter und gelangte so zur Cabane Sauneres, einer Nothuette die innen sogar relativ gemuetlich und bewohnbar aussah. Ich machte es mir vor dieser auf einer Steinbank gemuetlich und genoss die Aussicht: Die Bergstation von gestern, der Gipfel an dem ich vorbeigelaufen bin, die Bergketten links daneben in weiter Ferne ueber die sich sehr grosse Schneefelder erstreckten. Ich packelte mein Baguette aus und dazu noch eine Chorizo Wurst und los ging's mit dem feinen Schmaus. Allzuviel Zeit goennte ich mir aber nicht, da es immer noch ueber 600 HM Aufstieg waren. Der Grossteil war zwar schon geschafft, aber es stand immer noch etwa die gleiche Wegstrecke vor mir wie vom Startpunkt.
Blick zurueck nach Bagneres-de-Lunchon und dem Berg von dem ich gestern abgestiegen bin

Der GR10 verlief dann weiter den Grashang hoch und schlaengelte sich ueber steil nach oben ragende Steine. Die Wegsuche wurde hier etwas schwieriger, da die Wegmarkierungen teilweise schon verblasst waren oder aus der Ferne nicht sichtbar. Mich immer in der Naehe des Bergrueckens haltend fand ich auch die Wegmarkierungen. Diese fuehrten mich wieder mal durch eine Schafsherde, wobei diese Hoerner hatten. Haben Schafe denn normalerweise Hoerner?!? Ich werde daraus nicht schlau. Sanft aufsteigend gelangte ich so in die Naehe der Cabane [de] Peyrehitte, ohne diese aber jemals zu Gesicht bekommen zu haben. Der GR10 verlief naemlich nach links weiter und blieb dann auf der gleichen Hoehe verlaufend auf einem schmalen Wanderpfad. Weiter unten waren dann auch nochmal Markierungen angebracht, dass man hier nach oben abbiegen sollte wohl fuer den Fall, dass man den Weg verloren hatte. Dort unten haette es auch eine Quelle gegeben, aber ich sparte mir die vllt. 20 HM nach unten, da ich eigentlich noch genug Wasser hatte. Als ich die Karte gestern studierte, ueberlegte ich mir auch schon, ob ich den Bergruecken entlang laufen sollte, statt dem GR10 auf der Bergseite zu folgen, welcher hier um gut 100 HM absteigt, um dann wieder aufzusteigen. Ich war nicht schlecht ueberrascht, als der GR10 dann tatsaechlich auch dem Bergruecken folgte und nicht wie in der Karte eingezeichnet verlief.
Schafe & kleine Huegel

So folgte ich den Bergruecken weiter und gelangte somit zu einem der wenigen Gipfel die ich beim Weitwandern ueberschreite, dem Pic de Bacanere. Dort waren schon 3 Franzosen und ich machte es mir auch gemuetlich und setzte mich in's Gras. Da dieses aber ein bisschen stachelig war, bliess ich wieder mal meine Thermorestmatte auf, zog mein T-Shirt aus und legte es ueber die in den Boden gesteckten Wanderstoecke. Dann doeste ich vor mir her, schloss meine Augen und liess mich von der Sonne brutzeln. Als die anderen Franzosen weiterliefen und ich dann meine Augen einmal wieder aufschlug, war vor mir ein riesengrosser Ameisenschwarm in der Luft mit vllt. 100 Ameisen in einer Entfernung von 3 Metern zu mir. Attacke! Was wollen die denn von mir? Auf meinem Rucksack haben es sich schon 20 gemuetlich gemacht, genauso gut auf meinem T-Shirt. Das darf doch nicht wahr sein... ich nahm mein T-Shirt und wirbelte in der Luft herum und tatsaechlich half das diese Viecher zu vertreiben. Die Ameisen, die es trotzdem noch auf mich abgesehen hatten und auf mir oder einem anderen Teil meines Eigentums platz nahmen, starben einen hoffentlich qualvollen Tod. So packelte ich eben wieder alles zusammen und machte mich an den weiteren Weg.
Der Wanderpfad der dann den Bergruecken entlang verlief

Ich erwartete nach dem Pic de Bacanere, dass ich nur noch zum Uebergang absteigen musste und es damit nur noch weiter bergab gehen wuerde. Weiter unten waren die Wegmarkierungen dann aber nicht mehr eindeutig. Sollte ich nun weiter wieder hochsteigen, links runtersteigen oder den seltsamen Pfad nehmen, der mich auf gleicher Hoehe links an dem Berg weiterfuehrte? Ich entschied mich wieder mal fuer den kleinen Wanderpfad und konnte doch tatsaechlich eine weitere Markierung entdecken. Dieser Weg fuehrte mich nun ohne viel weiteres Auf und Ab um den anderen Berg herum und so gelangte ich zum Col d'Esclot d'Aou. Weiter unten lief das Paerchen, welches ich vorher ueberholt hatte. Die haben wohl den falschen Abzweig versehentlich erwischt. Ein paar Wegmarkierungen waeren hier wirklich hilfreicher. Habe ich schon einmal geschrieben, dass ich bis vor ein paar Tagen gehofft hatte, dass man den GR10 auch gaenzlich ohne Karten laufen kann, da die Wandermarkierungen so gut sind? Ich glaube, dass das nun aufgrund der Erlebnisse der letzten Tage endgueltig hinfaellig ist.
Blick in's Flachland

So gelangte ich dann auch zum Col d'Esclot d'Aou. Von dort aus stieg der Weg dann ueber Wiesen steil bergab. Auf einmal gab es hier wieder Wegmarkierungen nach allen paar Metern. Die Zustaendigkeit der Wegmarkierungen scheint wirklich bei den Staedten in den dazugehoerigen Taelern zu liegen. In vielen Kehren fuehrte so der Weg nach unten, teilweise ueber total versumpfte Wiesen bei denen ich wieder mal mit meinen Wanderstoecken vorsondierte um einen einigermassen trockenen Weg zu finden. So gelangte ich auch herunter zur ersten Nothuette, der Cabane Courraux. Da die Fenster offen waren, schien dort aber auch schon jemand drin zu sein. Ich liess diese gleich links liegen und stieg weiter ab. Zuerst ueber einen Pfad ueber Wiesen, dann ueber den Fluss hinweg, dann durch den Wald gelangte ich zur Cabanne Artigue, dem eigentlichen Etappenziel der gerade gewanderten Etappe. Ich lag gut in der Zeit. Was das Zeiteisen anzeigte, weiss ich eigentlich nicht mehr, aber das weitere Absteigen war kein Problem mehr. Es sollte ja nur noch weiter runtergehen - dachte ich mir jedenfalls...
Pause am Gipfel

Erst mal hoffte ich die Quelle auf dem Weg bergab zu finden, die es hier in der Naehe der Huette gab. Allerdings war dem nicht so, aber ich hatte ja noch genug Trinkwasser mit dabei, naemlich etwas weniger als eine halbe Trinkflasche und ein bisschen was in meiner Trinkblase. Bei der ersten Pause bei der Cabanne Sauneres fuellte ich naemlich etwas Wasser aus der Trinkblase in das SMS Wasser um, weshalb ich nicht mehr genau weiss, wieviel Wasser ich mit dabei habe. Aber das Wasser in meiner Trinkflasche sollte auf jeden Fall fuer den Abstieg ausreichen. Nachdem der Weg kurz auf der Strasse verlief und von dieser sogleich wieder wegfuehrte, verlief dieser querfeldein den Hang herunter. Wo genau war nicht immer klar. Teilweise gab es Steinmaennchen, dann wieder Markierungen aber alles war nicht ganz so konsistent. Ich lief halt einfach bergab und im schlimmsten Fall waere ich irgendwo anders auf der Forststrasse herausgekommen. Auf dem GR10 Weg gelangte ich dann aber an der richtigen Stelle zur Forststrasse. Statt dieser aber nun laengere Zeit zu folgen, gab es einen Wegweiser mit Descend...irgendwas draufstehend. Descend heisst ja auf Englisch herunter, was also passen koennte. So ganz sicher war ich mir aber nicht. Diesem Weg folgend gelangte ich tatsaechlich weiter runter, genau bis zum Fluss und dort fuehrte der Weg dann aber wieder weiter hoch. Hm... da stellten sich mir einige Fragen: Bin ich jetzt auf einer Variante? Fuehrt dieser Weg wieder nach oben, statt nach unten zu fuehren? Was mache ich, wenn er wieder nach oben fuehrt? Und das Wichtigste: Habe ich genug Wasser mit mir? Alles half nix und ich folgte dem bergauf fuehrendem Weg einfach weiter. Sollte dieser nicht spaeter nach unten fuehren, kann ich immer noch querfeld ein ueber den schoenen Waldboden absteigen oder auch direkt zu dem Fluss, wo der alte (war's denn der alte?) GR10 absteigen wuerde.
Abstieg ueber Wiesen

Nach ca. 50 HM aufsteigendem Wanderweg verlief dieser dann auf gleicher Hoehe weiter und knickte dann endlich nach links, in's Tal abfuehrend ab. Aber dieser Weg war alles andere als schoen. Zwar verlief dieser ueber angenehm gepolsterten Waldboden, aber er zog sich mit gar unzaehligen Serpentinen nach unten. Die meiste Zeit verlief der Weg wohl ueberhaupt nicht absteigend nach unten. Immer wenn ich weiter unten rot-weisse Markierungen sah, stieg ich direkt ab. Dieser Abstieg wuerde sonst einfach zu lange dauern. Bald fand ich auch einen alten Flusslauf in dem kein Wasser mehr stroemte und konnte diesen direkt abstiegen statt dem Wanderweg zu folgen. In diesem alten Flusslauf hat sich zuhauf Laub gesammelt, sodass das Absteigen darin eine wahre Freude war. Leider zog ich den Abstieg auf diesen nicht-GR10 Weg bis zum Schluss durch, da die Wegmarkierungen wieder davon wegfuehrten, um nach langer Zeit wieder zurueckzufuehren. Damit haette ich mir sehr viel Zeit eingespart. Nachdem ich dann schon gluecklich war, dass ich unten bei einer Abzweigung ankam, wo ich sogleich das Tal erwartete, so bog der GR10 nach rechts ab und verlief nochmal ein bisschen nach oben. Ja nein, das war wirklich nicht geplant! Aber der Aufstieg war nur ueber vllt. 30 HM, was ich noch gut verkraften konnte.
Almhuetten die recht gemuetlich aussahen

Vorbei an Ruinen gelangte ich dann steil absteigend endgueltig in's Tal herab. So, das war's nun endgueltig mit dem Abstieg. Ich bin ja gespannt, was der GR10 sonst noch fuer Ueberraschungen fuer mich hat. Varianten und Umleitungen hatte ich bisher ja kennenlernen koennen und ich hoffe, dass das nicht mehr der Fall sein wird. Einen grossen Kanal folgend der aber nicht mit Wasser gefuellt war und ueber eine Bruecke hinweg gelangte ich zu einem Verkehrskreisel. Von da aus war es nur noch ein Sprung bis nach Fos, dem Ziel fuer heute. Der GR10 fuehrte mich erst mal von der Strasse weg durch kleine Straesschen durch den Seitenteil von Fos. Das Gite d'etape war schnell ausgemacht, aber ich wollte noch weiter nach dem Supermarkt und Campingplatz schauen. Einen Supermarkt fand ich nicht und auch die Frage nach diesem wurde mir mit verneinenden Handgesten beantwortet (Der Supermarkt hat heute, Sonntag, geschlossen, wie ich spaeter herausfinden musste). Bei einer Baeckerei fand ich aber sowohl ein frisches Baguette, als auch Bier und Cola. Der Himmel wurde schon wieder dunkel und es troepfelte auch schon etwas. Deshalb lief ich wieder zurueck zum gite d'etape um eine "trockene" Unterkunft fuer heute zu bekommen und trank im Nu die eine Dose Bier. Das kannte ich schon von Korsika, dem Hochofen der bisherigen Wanderwege: Das Bier verdampfte regelrecht auf der Zunge, war sogleich verschwunden und haute richtig rein. Beim Gite selbst war niemand da, ausser 2 andere Wanderer. Die sagten mir dann auch, dass ich bei irgendeiner Nummer anrufen sollte. Ich liess mir aber noch etwas Zeit und fing schon mal an, an diesem tollen Bericht zu schreiben. Die paar Woerter franzoesisch auf dem Kuehlschrank konnte ich so entziffern, dass man sich frei am Kuehlschrank bedienen kann und dann dem Wirt sagen sollte, was man genommen hatte. So schnappte ich mir auch noch das letzte Bier. Das Cola-Bier Gemisch war mittlerweile naemlich auch schon ausgegangen. Als es dann auf halb 6 Uhr zuging, rief ich aber dann doch mal die Nummer an und der deutschsprechende Wirt konnte mir auch eine Uebernachtung zusichern. Auf die Frage nach Bier und dass nichts mehr im Kuehlschrank vorhanden sei sagte er, dass er Bier mitbringen wuerde. Perfekt.
Nothuette Artigue

So machte ich mich an's Abendprozedere, insbesondere an meine Wanderhose. Schon gestern, als ich in das Hotelzimmer kam, hat es darin ziemlich gestunken. Was genau von meinen Sachen stinkt, weiss ich nicht. Ganz sicher die Sandalen mit dem Leder. Aber wohl auch die Wanderhose die ich nur dann waschen kann, wenn draussen ein ordentlicher Wind geht. Dem war heute so und ich wusch das Teil endlich mal wieder. Die Duschen hier sind prima und sauber. Als ich die Waesche erledigt hatte und runter ging, war der Wirt auch schon da und musste mir mitteilen, dass gestern unerwartet 12 Personen erschienen sind, die ihm sein ganzes Bier weggetrunken haben. Hm... OK. Also zurueck zur Baeckerei. Dort holte ich mir Nachschub an Bier und Limonade, da ich mir Radler machen wollte. Ansonsten bin ich heute ja total besoffen wenn ich nur Bier trinken wuerde. Zurueck beim Gite d'etape war es dann wie ein Schauspiel: Der Wirt verschwand, die anderen kamen wieder und suchten nach Bier. Ich sagte denen, dass es bei der Baeckerei Bier gaebe. So hatschten die los um Bier zu holen. Dann kam der Wirt zurueck und fragte, wo denn die anderen wg. dem Essen seien. Ja Bier holen! Aber es dauerte nicht lange, da waren die anderen 3 schon zurueck und es gab ein wahrliches Festmahl wie ich es bisher nicht bekommen hatte. Damit meine ich nicht die Super Luxusqualitaet die ich von dem Restaurant von der ersten Etappe kannte, sondern einfach gute, bodenstaendige und prima Hausmannskost. Wieviele Gaenge das hatte, kann ich gar nicht so genau sagen. Zuerst gab es eine Art Pizza und dazu Salat. Danach folgte eine Runde mit gebratenem Gemuese, Nudeln mit Meeresfruechten, Schweinefleisch mit leckerer Sahnesauce und geachtelte Bratkartoffeln. Zum Abschluss durften wir noch Kaese kredenzten, gefolgt von Fruechten und einem Apfelkuchen. Ja, das war ein wahrlicher Schmaus.
Eine der verfallenen Haeuser kurz vor dem Tal

Nach dem Essen quatschte ich noch ein bisschen mit den anderen 3 Wanderern und so erfuhr ich auch einiges ueber die geaenderte Variante. Im letzten Jahr muss es hier eine heftige Ueberschwemmung gegeben haben mit ein paar Sturzbaechen, weshalb der Wanderweg verlegt wurde. Anscheinend war von einem Tag auf den anderen auf den Bergen 80 cm Schnee geschmolzen und hat alles unter Wasser gesetzt. Dann hatte ich vor ein paar Wandertagen noch ein weiteres "Erlebnis", was ich bisher aber soviel ich weiss nicht niedergeschrieben habe. Naemlich das Meer von blauen Orchideen die sich ueber den Hang erstreckten. Das gleiche Erlebnis hatte ich ja auch auf dem GR11 und es war genau auf der gegenueberliegenden Staatsgrenze.

Die kommenden Etappen muss ich eine Karte von 2001 verwenden. Die Wanderer, welche heute mit mir in der Gite sind, waren so freundlich meine Karte mit ihrer neueren 1:25k Karte abzugleichen. Das ist insbesondere wichtig, da ich uebermorgen als Selbstversorger unterwegs sein werde. D.h. leider auch, dass ich kein Bier bekommen :-(. Aber die Alternative waere auf der Variante des GR10 zu Laufen. Das kommt aber nur in Frage, wenn schlechtes Wetter ist.
Der Kanal im Tal

Wenn ich die Wanderwege auf den Karten anschaue, habe ich ein seltsames Gefuehl: Diese fuehren meist nur innerhalb eines Landes entlang, ueberqueren aber so gut wie nie die Grenze. Das ist an sich wirklich schade, wenn man bedenkt, dass die Pyrenaeen ja ein wunderschoenes Geflecht an Wanderwegen bilden koennte. Vllt. wurden aber die Grenzen genau dort gelegt, wo auch die Wanderwege nicht vorhanden waren. Ach, ich haette so viele Fragen...
Fos

Heute konnte ich auch bei dem Aufstieg das Flachland sehen. Ich befinde mich momentan also wieder am Rande der Pyrenaeen. Das ist an sich schon ein seltsames Gefuehl. Als das bei den Alpen der Fall war, freute ich mich, hier ist es aber anders herum, da ich ja im Zentrum der Pyrenaeen wandern wollte. Anscheinend bekamen die Franzosen hier aber nur den Aussenbereich ab. Naja, was soll's. In ein paar Tagen aendert sich das aber wieder gewaltig.

Da es jetzt nur noch etwas mehr als 2 Wochen sind, bis ich am Ziel ankomme, stellt sich mir auch die Frage, wie ich reagieren werde. Ist es aehnlich wie bei der Via Alpina, bei der ich nach 3 Monaten beim Abstieg nach Monaco eigentlich nicht wusste, was ich danach machen sollte, da ich seit 3 Monaten nur unterwegs bin? Hier sind es zwar keine 3 Monate sondern nur 2 oder 2,5, aber das sollte nicht viel aendern. Aber auf jeden Fall freue ich mich schon wieder auf mein eigenes Bett und darauf, endlich mal wieder zu wissen, wo man aufwacht.
Das reichliche Abendessen

So, meine Fuesse pochen und es erwarten mich morgen wieder mal 1600 oder 1700 HM Aufstieg. Das ist deutlich mehr als beim GR11, aber dafuer scheint der GR10 auch bekannt zu sein. Naemlich, dass es deutlich mehr Auf und Ab geht. Hoffentlich bekomme ich bald auch wieder Geroell zu sehen. Meine Schuhe werden das hoffentlich noch mitmachen. Wenn die noch 2 Wochen durchhalten, dann kann ich zur Not ja mit Sandalen weiterlaufen, das sollte noch klappen. Aber nur zur Not. Mein rechter grosser Zehernagel ist mittlerweile nicht mehr blau sondern nur noch weiss. D.h., dass ich ihn bald abnehmen koennte. Aber ich lasse ihn mal noch dran. Bisher schmerzt er naemlich noch nicht. So, das reicht fuer heute. Gute Nacht Tagebuch!