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Samstag, 02.08.2014

Tag 24 - Wasserwaten, Regen, Kraxeln, Nebel, wunderschoene Berge, was will man mehr?

Refugio de Pineta → Collado de Anisclo → Collado Superior de Goriz → Refugio de Goriz
Wasserfall beim Aufstieg
(image by Alain Collet)

Wie die Ueberschrift schon verraet, gab es heute zumindest mit dem Wasserwaten eine Ueberraschung. Aber der Tag hatte noch viel mehr zu bieten. U.a. auch eine ungeheure Anstrengung.

Das Schnarchlager war wirklich der Wahnsinn. Das war gerammelt voll und in meinem Abteil schliefen auch noch 2 alte Saecke sowie Tobi. Das verhiess nichts Gutes. Am Ende des Schlaflagers stand hingegen ein einsam verlassenes Bett herum, in dem bisher noch niemand seinen Schlafsack platziert hatte. Deshalb beschloss ich eben in diesem wunderschoen abseits gelegenem Bett meinen Schlafsack auszubreiten und dort einzuschlummern. Es dauerte keine Stunde, bis mir in's Gesicht gefunzelt wurde. Irgendso eine Grattlergruppe kam in's Lager, plaerrte herum und laeutete mit ihren Scheiss Stirnlampen ueberall herum. U.a. auch mir in's Gesicht, wobei ich auf Englisch fragte, ob das Bett denn fuer irgendjemanden von denen bestimmt ist. Darauf kam keine Antwort. Dann das gleiche Spiel nochmal, bis jemand sagte, dass ihm das Bett gehoerte. Na prima, also Aufstehen und zurueck zu dem 4-er Abteil, bei dem ich davor einfach nur stehen blieb. Hier saegten 2 Wanderer an allem Holz, das sich in dem Abteil nur vorfinden liess. So finde ich garantiert keinen Schlaf. Nichts wie weg von hier, egal wohin!
Kurzer Weg ueber eine Wiese
(image by Alain Collet)

Es gab noch ein zweites Schlaflager, das ich schnell auffand und dort fand ich dann auch ein gemuetliches Bett, bei dem zwar irgendjemand in 5 Meter Entfernung etwas schnarchte, aber das war gar zu himmlisch im Vergleich zu dem Geratze vom anderen Lager. So schlief ich wie ein Baby ein und wachte erst in der Frueh wieder auf, ca. 20 Minuten bevor mein Wecker klingelte. Dann packelte ich schnell alles zusammen, ging zurueck zum Schnarch-Ratz-Saege Abteil, von dem sogar Tobi in der Nacht gefluechtet ist und packelte den Rucksack fertig zusammen um diesen dann in's Erdgeschoss zu bringen. Dort versammelten wir, Tobi, Julie und ich, uns, um dann gemeinsam ein wieder mal prima Fruehstueck zu verputzen das wir uns selbst mitgebracht hatten. Bis auf den Kuchen hatten die anderen naemlich nur Fertigware. Es ist schon wirklich traurig, dass selbst eine Huette die direkt neben der Hauptstrasse ist, es nicht fertig bringt, ein vernuenftiges Fruehstueck zu bereiten.
Oben am Uebergang
(image by Alain Collet)

Leicht nieselte es noch, als wir uns an den Aufstieg machten. Es erwartete uns ein sehr steiler Aufstieg, der sehr viel Kraft forderte. Deshalb gab's fuer mich auch Snickers und Energieriegel zum Fruehstueck. Hier wollte ich keine falschen Entscheidungen treffen. Sogar eine Cola schuettete ich mir rein. Waehrend die anderen ihr Regenoberteil komplett anzogen, zurrte ich mir meines nur am Kopf mit dem vorhandenen Gummiband fest, sodass ich zwar etwas von dem Nieselregen abbekam, aber ansonsten relativ trocken blieb. Zuerst mussten wir zu der scheinbar senkrecht aufsteigenden Wand rueberlaufen, die wir am Tag vorher schon von der Ferne sehen konnten. Doch der Weg dorthin hielt auch eine Ueberraschung offen, naemlich einen Fluss. Dieser laesst sich normalerweise problemlos ueberschreiten, allerdings hat es bereits die ganze Nacht geregnet, sodass sich das eigentlich kleine Fluesschen in einen halben Meter tiefen Fluss verwandelt hat. Hier war kein Uebergang zu finden, doch das war nichts Neues fuer mich. Schon in Slovenien bin ich barfuss durch irgend einen Fluss gewatet, der um ein vielfaches groesser war. Also Schuhe aus und loslaufen. Da bemerkte ich auch schon, dass Alen, ein aelterer Mann der heute etwas mit uns wanderte, bereits dabei war ueber den Fluss zu waten. Der hatte wohl auch schon etwas Aehnliches erlebt. Das Wasser war wie erwartet schweinekalt, aber es waren vllt. 4 Meter, die durchquert werden mussten, also kein Problem. Im Vergleich zu Slovenien waren die Steine nicht mal glitschig. Am anderen "Ufer" hiess es dann die Fuesse abzutrocknen und vom kleinen Sand und Schotter zu befreien, was nicht einmal so einfach war, da es keine Sitzmoeglichkeit gab. So putzte ich meine Fuesse mit meinen Socken am Boden sitzend und zog dann wieder meine Schuhe an. Mich wunderte es uebrigens schon jetzt, warum mein rechter Fuss nicht schmerzte. Das scheint im Vergleich zum gestrigen Abstieg eine Spontanheilung zu sein. Als die Schuhe wieder angezogen waren, liefen wir weiter und es dauerte keine 2 Minuten, da kam schon der naechste Fluss, der auch keine Moeglichkeit des trockenen Uebergangs lies. Ja so ein Mist! Also wieder das Gleiche von vorne: Schuhe aus, Socken aus, barfuss durch das Wasser laufen, Fuesse trocknen, Socken an, Schuhe an. Als Kur ist das sicher prima. Tobi&Alen entschieden sich fuer einen anderen Uebergang und wir trafen diese wieder aus irgendeinem kleinen Schleichweg kommend und trafen bald darauf auf den GR11, der sogleich nach oben weiterfuehrte.
Hier hatte man noch eine einigermassen gute Aussicht. Der Weg ging aber noch hoeher
(image by Alain Collet)

Dieser Aufstieg hatte es in der Tat in sich. Der Regen hat mittlerweile aufgehoert, allerdings war der Aufstieg alles andere als angenehm. Ueber den Wald verlief der Wanderweg sehr knackig nach oben, was nicht ueberraschend war. Allerdings gab es zwischendurch immer wieder nicht ganz einfache Klettereien, bei denen ich schon froh war, dass ich diese hochlaufen musste, da das Herunterklettern deutlich schwieriger gewesen waere. Der Wanderweg selbst war einfach nur herrlich: Er verlief vorbei an wunderschoenen Wasserfaellen, auch die Sonne traute sich ab und zu heraus, die Berge glitzerten noch vom Regenwasser benetzt wie kleine Metallberge und schon bald kam uns auch ein anderer Wanderer entgegen, der wohl schon um 5 Uhr Frueh vom anderen Refugio das unser Ziel ist aufgestanden war, um uns jetzt schon entgegenlaufen zu koennen. Bei einer Abzweigung war ich mir dann relativ sicher, dass es nicht mehr weit zum Uebergang war, allerdings verriet mir ein Blick in die Karte, dass bisher nur 500 HM Aufstieg geschafft waren. Diese paar HM waren aber wg. den Kraxeleien sehr anstrengend und ein weiterer Blick auf die Karte verriet mir auch noch, dass es immer noch 500 HM waren. Das kann ja noch ein Spass werden! Julie rannte wieder als Roadrunner voraus, waehrend Tobi weiter hinten weit abgeschlagen auf Alen wartete. So stapfte ich weiter voraus durch baumfreie Zonen ueber Schotter, Wiesen und anders geschaffene steile Wanderwege weiter nach oben. Das schien wirklich kein Ende zu nehmen. Urspruenglich dachte ich mir, dass es nur 700 HM zum Aufstieg waren, allerdings taeuschte ich mich darin deutlich. Bald waren wir auch hoeher als auf dem anderen Uebergang auf der anderen Bergseite und der Weg verlief immer noch hoeher. Ein paar Murmeltiere standen hier oben wie gebannt herum als ob sie auf besseres Wetter warten wuerden, pfiffen aber nicht wie gewohnt vor sich her.
Nebel, Nebel, Nebel
(image by Alain Collet)

Nach etwas mehr als 3 Stunden gelangte ich dann endlich am Uebergang an wo Julie schon 5 Minuten vorher angekommen war und sich mit ein paar anderen Spaniern unterhielt. Hier oben pfiff der Wind nur so um einen herum als wollte er jeden, der hier hoch kommt, zwangsweise auskuehlen. Der Nebel riss aber auf, und ich hatte einen schoenen Ausblick in das naechste Tal, bei dem es regelrecht senkrechte Felswaende gab. Nicht nur dass diese so aussahen, sondern diese waren in der Tat auch senkrecht. Vor mir lag ein tiefes Tal, das nach links offen war und rechts waren diese paar senkrechten Felswaende ueber denen der weitere Wanderweg verlief. Wg. dem heftigen Wind begaben wir uns zu einer windabgewandten Seite des Berges bei dem es mit Pulli gut auszuhalten war und dort gab's das zweite Fruehstueck: Snickers, Energieriegel und einen halben Apfel fuer jeden. In der Ferne weiter [hinter] uns sahen wir auch Tobi und Alen aufsteigen, was aber noch ueber 10 Minuten dauerte. Alen war aber auch schon ueber 50 Jahre alt, was deshalb ganz OK war.
Wieder etwas weiter unten wurde die Sicht deutlich besser
(image by Alain Collet)

Nach der verlaengerten Pause war es dann soweit, dass wir uns an den weiteren Weg machten. Da auf der anderen Bergseite der Wind heftig um die Ohren pfeifte, beschloss ich meine Fliesjacke anzuziehen, die mich gut vor dem Wind schuetzte, trotzdem aber im Vergleich zu meiner Regenjacke zulies, dass mein Schweiss transpiriert. Ja, das ist zwar ekelhaft zu lesen, aber verdammt wichtig. Der Wind hier auf ueber 2100 HM war aber trotzdem bitter kalt uns es zogen auch schon bald wieder Wolken auf, die uns hier oben alle Sicht nahmen. Tja, das ist wirklich gemein, da diese Etappe einer der schoensten des gesamten GR11 sein soll. Aber es hilft halt nix, wir muessen weiter. Der Weg verlief erst mal wieder etwas nach oben, fuer ca. 100 HM um dann relativ felsig weiterzufuehren bei dem es durch den Nebel immer mal wieder etwas dauerte, bis ich die Markierungen fand. Dann kamen die naechsten 100 HM des Aufstieges und dann wurde es sehr interessant. Nun stand uns ein Teil bevor, der ueber Ketten verlief. Das ist wohl auch das erste mal beim GR11, dass diese Ketten definitiv noetig waren, selbst im Hochsommer und bei trockenen Steinen. Der Wanderweg fuehrte zuerst einmal senkrecht bergab, sodass man erst einmal nur die Moeglichkeit hatte, sich an der Kette festzuhalten und sich gegen den Berg zu stemmen um an den Fuessen die gegen den Felsen gepresst waren, Halt zu haben.
Einfach faszinierend was hier die Natur geschaffen hat
(image by Alain Collet)

Dann verlief der Weg weiter nach links, bis es endlich wieder einen sicheren Stand gab. Julie und Tobi folgten dann auch schon bald. Dann kam die zweite Kette, bei der das Spielchen wieder von vorne los ging. Allerdings galt es dieses mal, groessere Schritte zu machen und zwar ohne Ruecksicht auf Verluste. Ein Verlust waere heute gewesen, und das war meine grosse Befuerchtung, dass ich trotz Schmerzen im Gelenk des rechten Fusses den Stand haette halten muessen. Allerdings ging es diesem Fuss heute ausgezeichnet. Naja, bis zum spaeten Abend, aber das war nur halb so schlimm. Trotz dass der Fuss sich in der Frueh noch seltsam angefuehlt hatte, schien er heute wie ausgewechselt zu sein. Allerdings hatte ich einen zweiten Verlust zu verkrafte und dieser hiess "meine Hose". Diese hatte naemlich schon einen kleinen Riss vorne. Bei der zweiten Kette bei der ich einen grossen Schritt machte, um den naechsten Tritt zu finden, sprach naemlich meine Hose mir: "tztztztztztztztztztztzt". Allerdings waren noch weitere Tritte zu schaffen und die Hose schwieg immer noch nicht. Toll. Nun habe ich eine Hose mit prima Durchlueftung. Meine Unterhose war frei und konnte nun von jedem bestaunt werden sobald ich mich hinsass. Wirklich prima. Die anderen ahnten aber noch nichts davon, da ich ja noch stand. Nach der Kletterei verlief der Weg zumeist weiter auf wunderschoenen einfach zu wandernden Wegen. Ich war auch schon erleichtert, als Julie meinte, dass diese Kletterei nun das Schwierigste fuer den heutigen Tag war. Schade war nur, dass wir immer noch im Nebel liefen. An vielen Wasserfaellen liefen wir vorbei, und als der Nebel aufzog, konnten wir auch die ganze umgebende Pracht anschauen. Diese Landschaft hier war wirklich etwas Aussergewoehnliches wie ich es zuvor noch nicht gesehen hatte.Teile von den Bergen bestanden teilweise aus rauhen, saeulenfoermigen Gebilden und ueber viele von diesen sind wir gerade gewandert.
Die Huette...
(image by Alain Collet)

Relativ schnell erreichten wir auch schon das Collado Superior de Goriz bei dem wir dann eine kleine Pause machten. Alen wurde zurueckgelassen, da Tobi wg. dem starken kalten Wind nicht auf ihn warten konnte. Da waere er nur als Eiszapfen heruntergekommen. Hier unten war die Sicht auch wieder deutlich besser und wir konnten in's naechste Tal blicken. Wieder gab es fast senkrechte Waende zu bestaunen.Ich war zwar noch nie im Grand Canyon, allerdings erinnerte mich hier diese Landschaft daran. Diese steil aufsteigenden Felsformationen konnte ich einfach nie irgendwo in den Alpen finden und ich bin einmal mehr froh, in den Pyrenaeen zu sein. Auch die Suedtiroler (die versoffenen ;-) ) meinten, dass sie solche Berge nicht zuhause haben. Der Himmel fing allmaehlich auch schon wieder das Grollen an und es zogen dunkle Wolken ueber uns her. So machten wir uns dann auch wieder weiter an den Abstieg zum Refugio Goriz, das wir mit Einbruch des Regens erreichten, also genau richtig. Das ist allerdings auch gerammelt voll. Wir konnten kaum unsere Rucksaecke irgendwo in den Eingangsbereich packen.
Man muss das einfach vor Ort mit eigenen Augen sehen
(image by Alain Collet)

Im Refugio angekommen, machte ich mich auch schon bald daran, meine Hose zu flicken. Bei der Pause am vorherigen Col ist naemlich zufaelligerweise aufgefallen, dass meine Unterhose aus meiner Wanderhose herausschaute. Diese Naehaktion hatte es wirklich in sich. Zuerst galt es, einen passenden Stoff als Zwischenstueck zu finden. Bei den Zipperfussteilen fand ich dann eine doppelte Lage, bei der ich eine Lage herausschnitt und halbierte. Der L-foermige Riss welcher wohl 20 bis 25 cm lang war, wurde nun akribisch innerhalb von 6 Stunden genaeht. Das war zwar keine schweisstreibende Arbeit, dafuer wurde aber der Ruecken gut beansprucht. Die Dusche spare ich mir heute. Ohne die Hose fertig genaeht zu haben ging's dann mit dem hervorragendem Essen weiter. Es gab zuerst Nudeln mit Tomatensauce, im Anschluss Salat und dann halb durchgegarte Burgerfleischplatten. OK, das Letztere war vllt. nicht ganz so gut. Dafuer gab's aber noch einen Schokoladenpudding zum Abschluss welcher wirklich lecker war. Dann ging's mit dem Naehen weiter und Tobi und Julie bauten schon mal ihr Zelt auf. Ich sparte mir das Ganze, da ich einen guten Plan verfolgte: Trotz vollbesetzter Huette ohne Zelt auszukommen. Irgendwelche Huettenleute fragte ich, ob es OK ist, wenn ich hier einfach auf einer Bank schlafe. Tja, nun ist es halb 12, es ist hier im Gastraum stockdunkel und ich werde mich bald auf eine Bank zum schlafen legen - ohne Zelt und ohne Matratzenlager. Einfach ganz alleine ohne jegliche Schnarcher. Dann gute Nacht :-).