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Sonntag, 31.08.2014

Tag 9 - Nur eine Etappe, dafuer Ausblick ueber dem Nebel

Gabas → Pont des Alhas → Corniche des Alhas → Hourquette d'Arre → Gourette

Die heutige Etappe war deutlich anstrengender als erwartet, weshalb ich doch nicht so wie gestern geplant weitergelaufen bin sondern in Gourette geblieben bin. Ansonsten waere ich wohl erst um 20 Uhr am Zielort angekommen.
Die Kapelle von innen

Mein Wecker klingelte um 7 Uhr und ich machte mich an's Aufstehen. Zum Glueck musste ich kein nasses Zelt zusammenpackeln. Hier in der Kapelle war es auch relativ warm im Vergleich zu draussen. So fuehlten sich also die Pilger vor ein paar Jahrzehnten, die nicht in den Genuss von den Herbergen kamen sondern auf solche "Unterkuenfte" angewiesen waren. Der Besuch der Toilette war prima und kein Vergleich zu einem "Nature-Poo". Das Fruehstueck bestand aus einem spaerlichen Stueck Wurst und ein bisschen von dem Baguette. Mehr konnte ich gerade sowieso nicht essen. Danach putzte ich mir noch die Zaehne an dem Brunnen von nebenan. Nun galt es, alles in den vorherigen Zustand der Kirche zurueckzusetzen. So packelte ich erst mal meinen frisch gewaschenen Schlafsack zusammen, in den ich gestern gleich mit ungewaschenen Fuessen reingegangen bin. Danach die Thermorestmatte und dann das andere Graffl. Leider hatte ich nicht genug Kleingeld mit dabei um noch eine kleine Spende bei der Kapelle zu hinterlassen. 5 EUR waeren wohl das uebliche fuer eine Uebernachtung. Aber 3 EUR fuer die Teelichter passen ja auch.
Die Kapelle von aussen. Rechts daneben sieht man das fliessende Wasser

So ging's dann um 7:45 Uhr in den heutigen Tag los. Der Deutsche von gestern war auch schon wach und ich verabschiedete mich noch von ihm in der Annahme, ihn nicht mehr wiederzusehen. Der erste Teil des Weges fuehrte mich wieder die Strecke zurueck die ich gestern schon hergelaufen bin. Die Wolken waren vllt. 100 Meter ueber mir. Noch hatte ich freie Sicht auf gleicher Hoehe. Als ich bei dem geschlossenen Refuge vorbeigelaufen bin, sah ich auch ein abgehaengtes Schild im Garten stehen auf dem klar stand, dass dies das Refuge von diesem Dorf war. Schon schade, dass hier zu wenige uebernachtet haben. So geht wohl auch das ganze Dorf in den kommenden Jahren vor die Hunde... Nach dem kurzen Wanderweg ging's ueber die Hauptstrasse weiter bis nach 10 Minuten nach links der Weg ueber den Fluss kurz vor einem Wasserkraftwerk fuehrte und dann lief der Weg wieder zurueck auf der anderen Flussseite, allerdings weiter aufsteigend. Nun beginnt der Aufstieg dachte ich mir und das war auch der Fall fuer die erste Zeit. Ueber einen huebschen Wald schlaengelte sich der Weg hoch. Dann aber verlief er immer mal wieder bergab und machte die geschafften HM wieder zunichte, und das bei dem heute so langen Aufstieg. Hier oben campierten auch zwei, die ein wunderschoenes Fleckchen direkt neben einem kleinen Fluesschen gefunden hatten. Das ist wohl der perfekte Campingplatz auf der heutigen Etappe, wenn man gewusst haette, dass es diesen hier oben gibt. Der Weg verlief dann wieder weiter bergab, und bergab... gelangte dann zu einer Strasse und fuehrte weiter bergab. D.h., dass sicherlich 100 HM oder sogar mehr wieder zunichte gemacht wurden. Dann aber ging der Aufstieg los.
Salamander

Der Weg zweigte nach rechts von der Strasse ab, mit irgendeinem Warnschild versehen welches ich wieder nicht lesen konnte und es wie gewohnt ignorierte, und stieg nun steil bergauf. Dieser Weg war gepunktet in der Karte eingezeichnet und ich erwartete schon wunder was. Aber dann hat er sich doch als normaler Wanderweg herausgestellt, der lediglich entlang einer sehr steilen Wand verlief. D.h., wenn ich einen Schritt nach links gemacht haette, waere ich teilweise 200 HM tiefer gefallen und ein Schritt nach rechts haette an der Wand geendet. Es war sogar ein Sicherheitskabel gespannt, was aber nicht noetig war. Der Weg erinnerte mich an den gestrigen in den Felsen geschlagenen Weg, nur dass dieser nicht so gross war und wohl nur teilweise eingeschlagen werden musste - wenn ueberhaupt. Das Spektakel hatte nach ein paar Minuten auch schon ein Ende und verlief wieder mal bergab. Dabei konnte ich irgendwelche Personen sehen, die in dem reissenden Fluss mit Helm und wasserdichtem Anzug herabstiegen. Das ist ja mal etwas wirklich Verruecktes, aber auch nicht weiter mein Problem. Mit einer Bruecke gelangte ich ueber diesen Fluss und danach bald zu der Kreuzung, ab der es ohne weitere Abzweigungen zu dem Uebergang hoch ging. Dort waren auch 2 weitere Wanderer mit ihren 2 Hunden, die mir die naechste Zeit wohl Gesellschaft leisten wuerden.
Der in der Karte gepunktete Weg...

Nach einem kurzem weiteren Weg durch den Wald wurde der Wanderweg sehr sehr steinig. Dieser schlaengelte sich dann auch mit vielen Kehren den Berg hoch, vorbei an steilen Waenden. Immer wieder ueberholten mich die beiden Hunde und liefen dann wieder ueber irgendwelche anderen Wege wieder zurueck um mich dann wieder zu ueberholen. Nach dem steilen Aufstieg verlief der Weg fuer eine gewisse Zeit wieder flacher und ich dachte schon, dass ich das hinter mir habe. Aber es stand noch eine zweite Zick-Zack Tour den Berg hinauf vor mir, wo ich in konstantem Tempo hochlief. Ich war nicht allzusehr ausser Atem, aber ich bemerkte schon jetzt, dass ich heute wirklich nicht allzuviel Energie habe. Soweit ueberholten mich die beiden Nachlaufenden aber noch nicht. Ich hoerte nur irgendwo im Nebel unter mir die Stoecke klappern. Dann gelangte ich zu einer senkrechten Wand, bei der der Wanderweg scharf nach rechts abzweigte und leicht ansteigend weiter hochfuehrte. Als er auf fast gleicher Hoehe bleibend nur sehr leicht anstieg, wusste ich auch, dass die ersten 600 HM geschafft waren. Verbleiben nur noch 800 HM, dachte ich mir. Das wird heute kein einfacher Wandertag, obwohl ich vorgestern und gestern soviel geschafft hatte.
... bei dem es sehr steil bergab ging

Der Huettenwirt von gestern meinte ja, dass das Wetter die naechsten 5 Tage schoen sein wird. Ich hatte mittlerweile das Gefuehl, dass er das nur deshalb sagt, dass mehr Gaeste zu ihm hochkommen. Im Nebel lief ich weiter auf gleicher Hoehe bleibend und nahm ein bisschen das Tempo aus meinem Gang, um fuer spaeter noch etwas mehr Energie zu haben. Dabei ueberholten die beiden anderen mich kurz, aber nur solange bis diese eine kurze Pause machten. Dieser Weg musste eine wirklich schoene Aussicht auf den gegenueberliegenden Hang bieten. Ueber einen Hang fuehrte der Weg naemlich auf gleichbleibender Hoehe weiter, wobei der Fluss den ich vorher noch ueber die Betonbruecke ueberquert hatte, nun 300 bis 400 HM weiter unten verlief. Auf der gegenueberliegenden Seite fuehrte dementsprechend der Berg wieder hoch, aber das konnte ich nur alles aus der Karte herauslesen und es mir vorstellen. Im Nebel lief ich weiter und weiter. Obwohl es fast nicht weiter nach oben ging, hatte ich das Gefuehl, dass meine Batterie sehr bald leer sein wird. So futterte ich gleich ein Snickers das ich mir fuer solche Faelle griffbereit gehalten hatte, was aber nicht viel brachte. Dann machte ich eine Verschnaufpause und die anderen beiden stiessen dazu und wir kamen in's Gespraech. Der Juengere uebersetzte fuer den Aelteren der u.a. fragte, ob ich irgendwie besonders trainiert bin als er meinen Rucksack sah. Ich meinte dann, dass mein Traeining der GR11 ist den ich schon vorher gelaufen bin. Dann erzaehlten sie noch, wie schoen das hier normalerweise ist und dass es oben recht steinig werden wird. Auf die Frage, ob es hier auf dem Weg nach oben noch einen schoenen Pausenplatz geben wuerde wurde mir nur weiter oben auf der anderen Seite eine unbewirtschaftete Nothuette empfohlen. Die beiden liefen dann sehr schnell weiter hoch und nachdem ich noch ein paar weitere Meter gelaufen war und einen schoenen Stein zum Hinsetzen entdeckte, beschloss ich jetzt erst mal Pause zu machen. Ich brauche unbedingt Energie.
Der knuddelige Hund

Diese Energie holte ich mir z.B. aus der baskischen Streichwurst, dem Rest des Baguettes, der Apfelsine, einer Orange und einer Rippe Schokolade. Das machte auch gleich meinen Rucksack leichter. Die Apfelsine war der Wahnsinn. Total saftig und weich. Im Nebel war das Pausieren aber nicht wirklich schoen und nach wohl weniger als einer halben Stunde und einer kurzen Fussmassage habe ich dann meine Sachen wieder zusammengepackt und lief weiter in der Hoffnung, dass die Energie bald zurueckkehren wird. Ein bisschen etwas spuerte ich auch, dass das Essen gut tat, aber so wie gestern oder vorgestern fuehlte ich mich bei weitem nicht. Der Weg stieg weiter auf und ueberquerte dann auch schon bald den Fluss, was ganz und gar nicht dem Weg in der Karte entsprach. Aber die rot-weissen Markierungen leiteten mich rechts des Flusses weiter. Dann kam etwas Erstaunliches. Hier gab es naemlich auf einer Hoehe von unter 2000 HM Ende August immer noch Schnee entlang des Flusses. Maechtige gefrorene Schneemassen hingen noch ueber dem Fluss wie ein Schild. Der Weg wurde zuerst in der Tat steiniger und verlief weiter oben dann aber wieder ueber Wiesen, wobei dann auch der Himmel aufriss und ich endlich auf das Gebirge vor mir schauen konnte. Hinter mir versperrte der Nebel immer noch die Sicht auf die anderen Nachbargebirge. Auch in diesem Bereich befanden sich noch riesige Schneefelder. Ich will erst gar nicht wissen, wie es hier 2 Monate vorher ausgeschaut hat. Dieser Bereich ist aber auch von allen Seiten mit Gipfeln umzingelt, sodass die Sonne weniger Chancen hat, den Schnee wegschmelzen zu lassen. Keines von diesen Schneefeldern musste ich queren. Der Weg fuehrte immer an diesen vorbei.
Der Wanderweg auf gleicher hoehe verlaufend

Bei den 2000 HM angekommen, verlief der Weg dann nochmal ueber einen Grashang weiter nach oben und dann kam ich endlich ueber die Wolkengrenze die mir einen herrlichen Ausblick, auch zum Gipfel von gestern bot. Genau das entschaedigt mich fuer den ganzen Nebel, dem ich bisher ausgesetzt war. Die Gipfel schauten wie auf Watte aufgesteckt und es gab einen strahlend blauen Himmel. Ich war schon gespannt auf den Ausblick auf der anderen Seite. Nach dem begrasten Hang kam dann nur noch Geroell und weiterer Schnee. Der Weg fuehrte direkt ueber das Schneefeld und in der Ferne konnte ich auch einen anderen Wanderer sehen, der sich hier hochquaelte. Von den anderen 2 Franzosen mit den 2 Hunden war nichts mehr zu sehen. Der Andere sich hochquaelende machte jede Minute eine Verschnaufpause. Ihm ging's wohl noch schlimmer als mir. Allmaehlich fand ich aber zu meiner alten Kraft zurueck und ging ohne Pause die restlichen 100 HM hoch. Die Zwischenmahlzeit entfaltete jetzt wohl ihre Wirkung. Ich sollte wirklich mehr auf das Fruehstueck achten.
Noch war ich nicht ganz oben beim Uebergang angekommen, ueber dieses Schneefeld und das Geroell musste ich noch hoch

Leider war der Ausblick zur anderen Seite nicht allzu schoen. Es war ach bereits halb 2, weshalb das Zusammenlegen mit einem Teil der weiteren Etappe nicht gut gegangen waere. Deshalb hatte ich auch alle Zeit der Welt, um mich hier in der Sonne weiter roesten zu lassen. Die eine Nothuette suchte ich zuerst auf, allerdings waren da 2 plappernde Franzosen, weshalb ich gleich weiterlief und vllt. 200 Meter weiter meinen Pausenplatz bestimmte. Wg. dem stacheligen Gras rollte ich wieder meine Thermorestmatte aus um mich darauf zu legen. Die Sonne wurde nur ein paar mal von den hochgewehten Wolken verdeckt. Ansonsten war ich dieser aber voll und ganz ausgesetzt. Ich zog auch noch meine Hose und mein T-Shirt zum Trocknen aus. So brutzelte ich eine gute Stunde lang in der Sonne, drehte mich immer mal wieder und dachte an all die anderen, die unten im Nebel waren. Die ganzen HM hatten sich heute also wirklich rentiert. Wie bescheiden waere es gewesen, wenn ich hier oben nichts gesehen haette.
Ueber den Wolken

Nach dieser Erholungspause ging's nun an den Abstieg ueber. Es warteten 1000 HM auf mich, also wieder mal etwas wie ein Kniebrecher. Den See unter mir konnte ich schon bald sehen und der Abstieg nach dort unten war auch schnell geschafft. An dem See sah ich auch verfallene Haeuser, bei denen Strassen mit Felsbrocken gebaut wurden, die allerdings auch schon wieder verfallen waren. War das vllt. irgendein altes Dorf oder etwas aehnliches? Vllt. handelt es sich aber auch um alte Befestigungsanlagen bei denen wg. der leichteren Zugaenglichkeit diese Wege geschaffen wurden. Der See befand sich dann auch schon bald im Nebel und im Nebel stieg ich dann auch weiter ab, teils sehr steil ueber irgendwelche felsigen Schotterwege, dann ueber Wiesen und hin und wieder lagen auch Stahlseile mitten ueber dem Weg. Was haben die hier denn zu suchen? Sind das vllt. Stahlseile fuer die Schneefahrzeuge? Einen anderen Grund koennte ich mir kaum vorstellen, da das hier auch ein Skifahrgebiet ist. Weiter unten kam ich dann auch in ein Waldgebiet, querte den Fluss und lief weiter und weiter bergab, bis ich letztendlich in der Ortschaft unten herauskam.
Die Nothuette

Der Abstieg war im Vergleich zu den anderen bisherigen Abstiegen sehr steil, weshalb dieser so schnell von sich ging. In der Ortschaft angekommen, suchte ich erst mal die naechste Bar auf, wo ich mir ein grosses Bier bestellte. Zu meinem Erstaunen kostete das ganze 6 EUR!!! Das ist schon etwas ueberteuert und kommt schon fast an Zuerich-Verhaeltnisse ran. Bei der Bar wurde mir auch gesagt, wo ich das Refuge finde und lief dann in diese Richtung. Auf dem Weg fand ich dann doch tatsaechlich noch einen Supermarkt der am Sonntag offen hatte. Mir wurde doch mal gesagt, dass die am Sonntag geschlossen haben. Naja, war mir auch egal. So konnte ich Baguette, Wurst und etwas fuer ein SMS Wasser besorgen. Das Refuge war dann um die Ecke und war nicht wie das Letzte geschlossen. Die Dusche war warm und prima und meine Sachen trocknen vllt. auch bis morgen. Zum Abendessen gab's erst mal Salat und etwas Wurst, danach einen Haehnchenschenkel mit ganz viel Gemuese und zum Nachtisch etwas wie eine Dampfnudel mit Vanillesauce. Das ist auf jeden Fall ein gutes Essen fuer morgen.
Ab dem See hiess es wieder "in der Suppe wandern"

Ich gruebel auch ueber meine schlechte Leistung von heute nach. Evtl. lag es daran, dass ich gestern eine Flasche Rotwein zum Abend getrunken habe. Die 2 Tage davor habe ich mich ja komplett zurueckgehalten. Das fordert weitere Experimente. Heute aber erst mal ein Tag ohne einer Flasche Rotwein!