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Dienstag, 02.09.2014

Tag 11 - Nahe des Vignemale mit 2000 HM Aufstieg im Turbo

Refuge d'Ilheou → Cauterets → Pont d'Espagne → Refuge de Oulettes de Gaube → Refuge de Bayssellance
Morgenstimmung

Gestern Abend ging ich nach 3 oder 4 Dosen Bier bereits um halb 10 Uhr in's Bett. Ich war doch wieder mal etwas kaputt von dem ganzen Herumwandern und Etappenzusammenlegen. Aber irgendwie moechte ich es nicht anders haben. Mit Julie war das gemuetliche Wandern auch ganz schoen, aber nun will ich eben wieder Gas geben. Um 7 Uhr stand ich dann auf, nahm meine paar Sachen herunter und ueberpruefte zuerst mal, ob nicht vllt. eine Maus oder Ratte meinen Rucksack angefressen hatte. Das macht wirklich nicht viel Sinn, seinen Rucksack unten im Erdgeschoss zu lassen, wenn es in der Huette womoeglich eine Maus gibt. Das kam mir aber auch erst kurz nach 6 Uhr, als ich wie fast jeden Tag aufwachte. Der Rucksack und auch meine Fresstuete darin waren OK. Statt mich in die Huette oder auf die Seite zum See zu setzen, nahm ich auf der gegenueberliegenden Seite Platz, um dort das Morgenrot der benachbarten Berge betrachten zu koennen als ich den Rest meines Kaese und des Baguettes verputzte. Viel hatte ich also nicht gestern Abend und heute Morgen als Essen zu mir genommen. Das wird wieder ein gutes Experiment heute, ob das irgendwelche Auswirkungen auf meine Kondition haben wird. Ich erwartete ja, dass das so sein wird.
Die Fahrtstrasse und der Wanderweg der die Strasse kreuzt und direkter herunterfuehrt

Zusammengepackelt war sehr schnell und schon um halb 8 konnte ich losstarten. Da ich auf der Huette auf der Haelfte von einer Etappe uebernachtete, wartete nun ein Abstieg auf mich, und zwar ueber 1000 HM. Eine Schotterstrasse fuehrte tatsaechlich bis zum Refuge und nach einem kurzen Abstecher lief ich erst mal ein paar Minuten ueber diese bergab. Ein darauf folgender Wanderweg machte dann den Abstieg sogleich einfacher. Ein bisschen steinig war dieser ja und ging auch etwas bergauf und -ab, aber besser als die Schotterstrasse. Nach dem Ueberqueren von der Schotterstrasse ging's dann auch gleich ueber steinige Wiesen weiter. Bald konnte ich auch den Rest der Skianlagen sehen und bald auch das Auto des Huettenwirtes, welches links weit unter mir auf der Schotterstrasse herunter in die Stadt fuhr. Hm... ich sollte mir meine Prinzipien des Weitwanderns und der Benutzung von Mitfahrgelegenheiten nochmals ueberlegen. Aber fuer diese Tour halte ich die Regeln noch ein. Waehrend des Abstieges legte ich wieder Musik auf und dieses mal half mir Mnemnic dabei, den Abstieg im Eiltempo zu bewaeltigen. Unten auf der Fahrtstrasse angekommen, musste ich dann der Fahrtstrasse fuer ein paar Meter wieder bergaufwaerts zeigend folgen, dann verlief auch schon der Wanderweg weiter entlang des Flusses in Serpentinen herab. Dann sah ich auch schon Cauterets und ein sehr, sehr schneller Abstieg direkt entlang des Flusses fuehrte mich direkt dort hinunter.
Huebscher Wanderweg

Im Ort angekommen hiess es nun zuerst einmal einen Supermarkt zu finden. In einem Wanderladen schaute ich erst mal nach neuen Wandersocken, da die aus Nuria (GR11 Geschichte...) nicht mehr den besten Eindruck machen. Aber da gab's keine aus Merinowolle. Dort gab's auch Wanderschuhe, aber ich will's bei meinen Wanderschuhen einfach mal darauf ankommen lassen und es interessiert mich auch, wie es sich mit zerlumpten Wanderschuhen laeuft. Dort wurde mir auch gesagt, wo ich den naechsten Supermarkt finden kann und dort kaufe ich dann ordentlich ein. Apfelsine, Apfel, Wurst, Baguette, Kaese, 2 Flaschen Mineralwasser, 1,5 Liter Multivitaminsaft, 1 Liter Cola und Muesliriegel. Alles packelte ich in den Rucksack und wollte bei der naechsten Gelegenheit Pause machen. Den rot-weiss Markierungen folgte ich dann und gelangte zu irgendeinem Aufstieg, bei dem mir die Anschriften nur soweit etwas sagten, als dass dieser Weg die moegliche Variante des GR10 sein konnte, aber evtl. nicht der Hauptweg. So beschloss ich kurzum, doch ueber die Strasse zu laufen. Ich wollte keine Zeit mit dem moeglichen Zuruecklaufen verlieren falls das der falsche Weg ist. Im Nachhinein war das wohl der Richtige und die Variante spaltete sich erst spaeter ab. So lief ich wieder in das Stadtzentrum zurueck und folgte der Strasse bergauf. Ein anderer Wanderweg zweigte dort auch ab, weshalb ich diesem folgte, statt auf der Strasse weiterzulaufen.
Rechts von dem Wasserfall verlief der Wanderweg hoch

Nach kurzer Zeit war ich auch schon in einem Bereich angekommen, bei dem sich sehr viele Verkaufshaeuschen befanden. Das hier ist wohl ein grauenhafter Ort. Der Wanderweg zweigte dann rechts ab und folgte nun dem Flusslauf, wobei dieser zu meiner Linken war. Auf der Seite gegenueber schlaengelte sich die Fahrtstrasse hoch, ueber die ununterbrochen Autos hochsausten. Ich war schon wirklich froh, dass der Wanderweg fernab von dieser war. Dieser huebsche Wanderweg fuehrte mich immer wieder an huebschen Wasserfaellen vorbei die es zu bestaunen galt. Viele andere Wanderer ueberholte ich. Aus irgendeinem Grund fuehlte ich mich heute gut, obwohl ich noch nichts wirklich zum Fruehstueck gegessen hatte. Ich plante auch schon mein Fruehstueck am Pont d'Espange, da ich dort ein paar Moeglichkeiten zum Hinsetzen und etwas Huebsches zum Anschauen erwartete. Dort bin ich dann auch sehr bald angekommen und die ersten 400 HM waren damit schon geschafft! Fehlten noch ca. 1300, das Auf und Ab nicht mitgezaehlt... Beim Pont d'Espagne machte ich es mir dann erst mal richtig gemuetlich, setzte mich auf eine Steinmauer und konnte von dort aus den Wasserfall mir gegenueber betrachten. Genau dort machte ich Fruehstueck bzw. Mittagessen. Ich nahm ein halbes Baguette und belegte es mit leckerer Schinkenwurst. Dazu gab es einen halben Liter Multivitaminsaft und ich trank soviel von der Flasche Cola, wie ich konnte. Zwischendurch mischte ich auch 2 SMS Wasserflaschen zusammen. Beim Aufstieg hatte ich eine Mineralwasserflasche komplett geleert, sodass das nun prima ausgeht. Doch ich konnte nicht ewig Pause machen. Den Muell, inkl. der noch halbvollen Colaflasche schmiss ich in einen Muelleimer neben dem Restaurant und machte mich weiter an den Aufstieg ueber den GR10.
Der erste See. In der Ferne sieht man schon den Vignemal und dessen Gletscher

Zuerst ein bisschen abwaerts auf der Strasse zweigte dieser bald auch nach oben ab und verlief nun entlang des huebschen Tales weiter und weiter hoch, immer dem Fluss folgend. Allerdings war der Weg nicht mehr so steil und das Tal war auch deutlich breiter als bei dem vorherigen Anstieg, weshalb es deutlich weniger schoene Wasserfaelle zu sehen gab. Nach einer gewissen Zeit und einem wirklich schlecht markiertem Weg, was aber nicht viel ausmachte, gelangte ich zu einem sehr schoenen See und der naechsten Einkehrmoeglichkeit. So also muessen sich die Pilger fuehlen, wenn es nach allen 1 bis 2 Stunden eine Einkehrmoeglichkeit gibt! Auch diese ignorierte ich und lief rechts an dem See weiter entlang. Meine Pausestation war aus meiner Sicht schon festgelegt, und zwar erst bei der Huette die weitere 400 HM weiter oben lag. Ich war auch heilfroh, dass es unter der Woche war. An einem Wochenende muss es hier ja vor Grattlern nur so wimmeln! Es gab mittlerweile deutlich weniger Gruenflaechen und die Landschaft an sich wurde auch steiniger. Teilweise musste ich schon jetzt ueber Blockfelsen wandern. Am Wegesrand entdeckte ich dann eine 2 Meter lange Brechstange und anderes Werkzeug, das ich bisher nur von Bildern kannte. Damit werden die riesen Felsbrocken mit Hebelwirkung bewegt, um damit angenehmere Wanderwege zu schaffen. Mit diesem einfachen Werkzeug wurden schon wahre Autobahnen durch Blockgletscher gelegt! Der Weg an sich war sehr schoen zu gehen und fuehrte manchmal steil bergauf, um einen Wasserfall zu ueberwinden, oder flach falls sich der Fluss in dem Tal entlangschlaengelte. Allmaehlich konnte ich auch den Gletscher des Vignemale sehen, der groesste Berg der franzoesischen Pyrenaeen. Nach dem letzten Anstieg bei dem ich nochmal irgendwelche Grattler ueberholte, konnte ich den Gletscher und die steil aufsteigende Nordwand des Vignemale in seiner ganzen Pracht sehen. Ein kurzer Weg ueber eine Bruecke fuehrte mich dann zur Huette Refuge des Oulettes de Gaube und dort pausierte ich, ohne viel zu machen. Weder ass ich etwas, da ich keinen Hunger hatte, noch trank ich allzuviel. Irgendwann holte ich mir dann aber noch eine Dose Bier, die ich mir aus meiner Sicht verdient hatte. Achja, meine Hose flickte ich auch mal wieder. Es ist schon wieder ein Stueck Naht aufgegangen.
Wanderweg zum Refuge de Oulettes de Gaube

Ich hatte aber auch keine Zeit zu verlieren. Es war viertel nach 3 und angeblich erwarteten mich noch etwas weniger als 3 Stunden Aufstieg. Diese 600 HM hatte ich also noch zu schaffen und der Weg schien ueber Geroellfelder zu verlaufen. Also auf! Mit meinem gewohnten "Lauftempo" schritt ich weiter und weiter hoch. Es lief heute wirklich gut. Kann das evtl. an dem Bier von gestern Abend legen? Erst ein paar Serpentinen, dann leicht aufsteigend weiter, dann wieder Serpentinen und dann war ich auch schon an der Abzweigung. D.h., die ersten 300 HM waren geschafft und ich hatte immer noch eine halbe Flasche SMS Wasser nach dem bisherigen Aufstieg. In Windeseile stieg ich weiter hoch und gelangte ueber weitere Serpentinen dann zu dem wieder mal unspektakulaerem Uebergang, allerdings befand sich dieser auf einer Hoehe von 2734 HM. Ueber die rot-weissen Markierungen wurde ich dann nach 10 Minuten zum Refuge d'Ossoue gefuehrt.
Refuge de Oulettes de Gaube mit Blick zur vereisten Nordwand des Vignemal

Bei diesem Refuge wollte ich unbedingt bleiben. Es ist naemlich mit 2651 HM das hoechstgelegene Refuge in den franzoesischen Pyrenaeen und genau hier werde ich nicht in der Huette schlafen sondern mein Zelt aufschlagen - jedenfalls wenn ich einen guten Platz finde. Das hier erinnert mich alles an Korsika, als auch Steinkreise ausgelegt waren, in denen man gut zelten konnte. Heute werde ich auch mal wieder selbst kochen. Achja, ich habe mir irgendein Fertiggericht vom Supermarkt mitgenommen und der Rest an Brot sollte fuer ein gutes Abendessen ausreichen. Das ersparte Geld werde ich wie gestern wieder in Bier investieren :-D. Der Ausblick hier oben ist sehr schoen. Zum einen kann man den Vignemale sehen (hoffe ich zumindest), zum anderen eine ganze Bergkette auf der talabwaerts zeigenden Seite. Ich bin gespannt, wie der Sonnenuntergang wird und vor allem, ob mein Zelt und mein Schlafsack zum Uebernachten in solchen Hoehen gut genug ist.
Der Wanderweg hoch zum Uebergang

Mit voller Freude kann ich sagen, dass ich soeben den GR11 Zehernagel abziehen konnte! Leider hat es sofort heftig geblutet. Als die Blutung gestillt war, machte ich die Tube Bepanthen auf bei der mir gleich der Inhalt entgegenkam. Tja. Die duennere Hoehenluft.... Beim Aufstieg habe ich nichts davon bemerkt. Das Hoehentraening mit dem GR11 zeigt immer noch seine Wirkungen.
Irgendso ein Wanderer, der ekelhafte Schweissflecken auf dem T-Shirt hat

-- Schnipp Schnapp --
So, nun ist der naechste Tag und ich schreibe mal den Rest von diesem Tag fertig. Als ich mein Zelt aufgebaut hatte, lernte ich irgendeinen seltsamen Franzosen kennen, ich glaube Cloud war sein Name. Mit dem verbrachte ich dann den Rest des Abends, wir tauschten Geschichten ueber Asien aus, plauderten ueber den GR10 und warum dieser existieren koennte, etc. Das Abendessen war wahrlich grauenhaft. Als ich die Packung Spaghetties genauer anschaute, welche ich fuer eine Trockenmischung hielt, fiel mir auf, dass diese Packung fuer die Mikrowelle gemacht war und eigentlich schon alles vorgekocht war. Super, jetzt habe ich nicht einmal eine grosse Portion Spaghetties... So machte ich mir ein Wasser heiss, goss ein bisschen was von dem Wasser zur Fertigmischung und machte mir noch die Gemuesesuppe. Beides schmeckte wahrlich grauenhaft, aber ich hatte etwas im Magen. Den Rest des Baguettes futterte ich auch noch weg. Ganz schaffte ich es nicht, aber die eingesparten Euro durch Uebernachtung im Zelt und wg. Selbstversorgung trank ich dann in Bier. Cloud lud mich dann zum Wein ein, und ich ihn. So hatte ich Bier und Wein gut gemischt und als ich dann vom Zaehneputzen zurueckkam, es war bereits kurz vor 22 Uhr, stand auf einmal wieder Wein auf dem Tisch. Also gut, dann mache ich heute eben mal wieder eine Ausnahme wie schon so oft und trank eifrig weiter... Nach diesem Wein war dann aber wirklich Schluss und ich ging gut angetuedelt in mein Zelt, aber morgen erwartete mich ja erst mal "nur" Abstieg.
Abendstimmung beim Refugio Bayssellance

Achja, uebrigens machte ich noch eine Katzenwaesche und tauschte Socken, Unterhose und T-Shirt aus. Auf dem T-Shirt waren mittlerweile auch salzige Schweisflecken zu sehen. Immerhin hatte ich mich auch gestern nicht geduscht und allmaehlich mueffelte ich doch etwas.