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Mittwoch, 09.07.2014

Tag 0 - Barcelona

Barcelona

Kurzes Vorwort: Lieber Leser/in, dieses geistig hoechst anspruchsvolle Werk entsteht momentan. Sollte es zu anspruchsvoll sein, so ist das Weiterlesen nur nach dem Konsum von 4 Bier gestattet! Wundert euch also nicht, wenn noch Rechtschreibfehler enthalten sind. Berg Heil, Martin

Schon seltsam, wohin einen sein Leben fuehren kann. Wenn ich mich 10 Jahre zurueckerinnere, haette ich mir nie traeumen lassen, dass ich nun zum Vierten mal auf einer Weitwanderung bin - geschweige denn ueberhaupt, fuer laengere Zeit in die Ferne zu wandern. Nachdem nun die Alpen kreuz- und querdurchwandert wurden, stellte sich fuer mich die Frage nach dem naechsten Weitwanderweg - und zwar einen mit etwas Anspruch, also richtige Berge. Das wohl neben den Alpen bekannteste Gebirge sind dann wohl die Pyrenaeen und hier gibt's gleich 2 Weitwanderwege: Einer auf der franzoesischen und einer auf der spanischen Seite. Da es in eine Richtung nur 700 bis 800 km sind, stand mein Entschluss bald fest, im Kreis laufen zu wollen. Naja, mal schaun, ob's klappt.

Die Vorbereitungen erfolgten dieses mal noch akribischer als die vorherigen Male: Die Wanderwege wurden sorgfaeltiger markiert um versehentliches Mitnehmen von irgendwelchen Gipfeln wie bei der Muenchen-Monaco Tour zu verhindern. Auch das Kartenmaterial zu besorgen hat sich als deutlich komplexer herausgestellt: Auf der spanischen Seite sind bestimmte Kartensaetze nicht mehr zu kaufen. Als Ersatz gab es hierfuer ein paar Ausdrucke von OpenStreetMaps, bei denen mittlerweile auch die meisten Wanderwege enthalten sind. Naja - besser als nichts... Vom Gewicht her ist mein Rucksack vollgepackt mit Karten. Ca. 20 Stueck sind mit dabei, die ordentlich an meinen Schultern zerren werden. Alles in allem hat es mich aber erstaunt, dass der Rucksack doch sehr wenig wiegt. Ich habe es geschafft, das Gewicht inkl. Zelt, Karten, Schlafsack, Thermorestmatte, Regenschutz, etc. auf 16 Kilo herunterzudruecken. Hinzu kommen zwar noch 3 Liter Wasser, 1 kg fuer die Kamera, voraussichtlich 1 kg fuer's Essen und hoffentlich immer 0,5 kg fuer eine Notfallsdose Gipfelbier! Das Flughafenpersonal war so freundlich und hat mich weiterer Sachen entledigt. Erst mal wurde bei der Gepaeckaufgabe mein Rucksack als Sperrgepaeck deklariert, gleich gescant und dann die Gaskartusche bemaengelt. Das war das erste Teil, was mir genommen wurde mit der Begruendung, dass diese Kartuschen bei Unterdruck platzen koennten... klar... und Deodosen nicht... Naja. Dann in Barcelona angekommen musste ich feststellen, dass auch mein Pfefferspray (zum Wuerzen meiner Suppe und zum vertreiben von wilden Tieren die mein Zelt umgraben wollen) eingezogen wurde sowie - Achtung Trommelwirbel - ein Feuerzeug... Zum Glueck hatte ich 2 mit dabei.

Meine erste Handlung in Barcelona war es somit, die fehlenden Teile bis auf das Pfefferspray neu einzukaufen um sich dann im Trubel dieser wunderschoenen Stadt zu verlieren. Diese Stadt hat wirklich viel Charakter durch die alten, sehr gut erhaltenen Gebaeude. Alles ist in einem Stil wie vor 50 oder 100 Jahren gehalten und dann auch noch diese kleinen mini Balkone vor jedem Fenster. Gestern machte ich die Innenstadt unsicher und verlor mich in einem Wirrwarr an kleinen wunderschoenen Gaesschen. Schon seltsam, dass mir das verloren gehen sehr gut gefaellt. Im uebrigen habe ich auch Sau Glueck gehabt mit dem Hostel und der Reservierung, weil hier angeblich alles ausgebucht ist, da in 2 Tagen ein groesseres Festival stattfinden wird. Aber bisher habe ich noch nicht viel von diesem mitbekommen und bin morgen ja auch schon beim Wandern zum Startpunkt der Odysee Nr. 4.

Viel gab's fuer mich Gestern nicht zu erledigen ausser zu essen und das war prima. Mittags verputzte ich erst mal verschiedene Tapas, eine Zusammenstellung unterschiedlicher kleiner Leckereien. Abends bestellte ich mir dann eine Paella mit Meeresfruechten was vorzueglich schmeckte. Die Auswahl an Restaurants war auch sehr schwer, da ich parallel zum Essen das Fussballspiel anschauen wollte: Deutschland gegen Barcelona. So beschloss ich, in ein gutes Pub in englischem Stil zu gehen (Ich glaube, das heisst Bloomsday). Da ich alleine war, haette ich dann an der Bar essen und trinken muessten. Als dann noch zwei andere Deutsche reinkamen, die aber nichts zu Essen haben wollten und deshalb auch keinen Tisch bekamen, gingen meine Verhandlungen los: Man fand sich zur Dreiergruppe zusammen und ich feilschte um einen Tisch was letztendlich auch geklappt hat. So, die ersten 3 Deutschen waren also noch im Lokal, gefuehlte 30 folgten noch und knapp vor'm Fernseher platzierten sich 2 Brasilienfans. Wie das Spiel ausgegangen ist, weiss ja wohl jeder und die beiden weiblichen Brasilienfans taten mir schon irgendwie leid. Das Spiel selbst war fuer mich gefuehlt wie eine Reihe an Wiederholungen im Traum. Aber passt. Wenn das Ergebnis anders herum gewesen waere, waere es schon sehr bescheiden gewesen... Nach diesem bierreichen Abend (Notiz: Murpheys kaufen!) schwankte ich dann zurueck in's Hostel. Unterwegs musste ich dann feststellen, dass auch hier ab 11 Uhr kein Bier mehr verkauft wird. Ist denn die ganzen Welt verrueckt? In Australien wurde dieser Schmarrn auch vor Kurzem eingefuehrt. Allerdings sind die Spanier etwas geschaeftstuechtiger: In den kleinen Gaesschen laufen immer irgendwelche Verkaeufer herum, die noch gekuehltes Bier verkaufen. Meine Zimmermitbewohner gehen es auch etwas entspannter an. Um 9:30 Uhr war immer noch niemand aufgestanden, sodass ich tatsaechlich der erste war, der zum Fruehstueck herunter ging. Dieses war aber eher enttaeuschend: Kein Toastbrot mehr und nur Continental, also Marmelade, Butter und das war's auch schon. Sozusagen nicht nur Continental sondern noch eine Stufe schlimmer: Continental-Vegetarian!!!

Die erste grosse Attraktion heute war dann der Gaudi Park Guell, einem Kleinod in Barcelona mit verwinkelten Wegen die auf einem Berg verliefen und die immer einen schoenen Blick auf Barcelona werfen liesen. Das Museum von Gaudi, sein altes Haus von dem er immer auf sein Hauptwerk "Sagrada Familia" einen Blick werfen konnte, war dafuer, dass wir Eintritt zahlen mussten, nicht all zu spektakulaer. Dafuer aber die Kunstwerke, die ueberall herumstanden. Gaudi erinnert mich irgendwie an Hundertwasser. Nur, dass Gaudi nicht nur krumme und quietschbunte Gebaeude bauen konnte, sondern das gewisse Etwas in seinem Design verwendete. Z. B. bei den Uebergaengen aus Steinen ein Etwas, dass nur Schwer zu beschreiben ist. Etwa in der Richtung strukturreich aber trotzdem strukturlos. Durchdacht und dann doch Chaotisch. Vllt. wie der Versuch, Ordnung in's Chaos zu bringen. Die andere Hauptattraktion schaute ich mir aber nicht an, da mir die Schlange zum Anstehen doch etwas zu lange war und man vieles auch von aussen sehen konnte.

So ging's weiter zu Gaudis naechster Attraktion, der Sagrada Familia mit einer Warteschlange, die wohl dreimal so lange war wie bei dem Park Guell. So fragte ich einfach jemanden ganz vorne bei den Kassen, ob sie mir ein Ticket mitkaufen koennten e voila, ich hatte ein Ticket, allerdings erst mit einem Eintritt 2,5 Stunden spaeter. Schon traurig... da stellen sich manche Leute eine Stunde an um dann zu erfahren, dass sie erst 2,5 Stunden spaeter reinduerfen. Weiter ging's dann zum Busbahnhof Nord, um mir dort das Ticket fuer Morgen zu besorgen, da ich es online wg. neuen Kreditkartenpasswoertern nicht bestellen konnte. Damit ist fuer morgen auch der Sitzplatz fuer meine Weiterfahrt gesichert und da es ab dann nur noch zu Fuss weitergeht, kann auch wg. Tickets nicht mehr viel passieren. Zum Mittagsessen gab es ein drei Gaenge Menu zum Preis von 10 Euro irgendetwas. Das Essen hier ist verdammt billig und trotzdem gut. Ich folgte einfach den Empfehlungen des Kellners und bekam Tunfischsalat, Calenoni und als Dessert einen mit Honig uebergossenem Weisskaese. Honig und Kaese war fuer mich auch etwas Neues und erinnerte mich etwas an kalten, ungesuesstem Griesbrei mit Honig. Nachdem ich dann genug Zeit verplempert hatte, konnte ich auch die Sagrada Familia besichtigen. Zwar kann diese aus meiner Sicht bei Weitem nicht mit der Westminster Abbey mithalten, was wohl nicht nur an der Groesse sondern auch der reichen Geschichte liegen duerfte, aber die Farbenspiele und die Vermischung von der gotischen Bauweise mit Modernen Zuegen ist beeindruckend. Eine Art Musclecar Design mit Gotik und einem bunten Regenbogenfarbenspiel welches die ganze Kathedrale in Regenbogenfarben erscheinen laesst.

Nach der Besichtigung der Sagrada Familia ging's ueber den Parc De La Ciutadella zum Strand mit einem mittlerweile wunderschoenen roten Nacken. Mir war ja klar, dass ich mind. 1x einen richtigen Sonnenbrand bekommen werde, aber das ist mir doch etwas zu frueh dafuer. Da kann ich schon morgen anfangen, meinen Schlapphut aufzusetzen und Sonnencreme aufzutragen. Bange ist mir immer noch vor der 2-ten Etappe, bei der empfohlen wird wild zu zelten um die Etappe von 41 km (kein Tippfehler) in zwei Teile zu brechen. Ich habe allerdings vor, die ganze Etappe am Stueck abzulaufen bzw. bis kurz vor Ende zu laufen. Das wird auf jeden Fall spannend. Vorsichtshalber habe ich mich schon heute mit weiterem Proviant, naemlich Spaghetties, Sosse und 2 Orangen zugedeckt um fuer ein moegliches Notlager gleich etwas zu Essen zu haben. Ich bin auf jeden Fall auf die Landschaft sowie die Menschen gespannt die die Pyrenaeen bietet.

Damit verabschiede ich mich fuer den Tag vor dem Hinfahrtag, tippend auf meiner noch funktionierenden Bluetooth Tastatur.